Weltkirche: Und sie bewegt sich doch?
1. November 2023
Die vierwöchige Bischofssynode 2023 in Rom – Teil der Weltsynode 2021-2024 – wurde mit der Verabschiedung eines Abschlussdokumentes beendet. Es enthält viele Passagen, die Hoffnungen hinsichtlich möglicher Reformen aufkommen lassen. Aber gilt dies auch für Frauen?
Weihbischof Rolf Steinhäuser vor dem Kölner Dom zum Start der Weltsynode 2021
Vorschläge des Abschlussberichts
Einschlägig für das Thema Frauenweihe sind
- Kapitel 9 „Frauen im Leben und in der Sendung der Kirche“ mit folgendem Vorschlag (Absatz n):
„Die theologische und pastorale Forschung über den Zugang von Frauen zum Diakonat sollte fortgesetzt werden, wobei die Ergebnisse der vom Heiligen Vater eigens eingerichteten Kommissionen sowie die bereits durchgeführten theologischen, historischen und exegetischen Untersuchungen genutzt werden sollten. Wenn möglich, sollten die Ergebnisse auf der nächsten Tagung der Versammlung vorgelegt werden.„
- Kapitel 11 „Diakone und Priester in einer synodalen Kirche“ mit folgendem Vorschlag (Absatz i):
„Die Unsicherheiten, die die Theologie des Diakonats betreffen, sind auch darauf zurückzuführen, dass er in der lateinischen Kirche erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wieder als eigener und ständiger Grad der Hierarchie eingeführt worden ist. Eine vertiefte Reflexion hierüber wird auch die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat erhellen.“
Angesichts des Umstandes, dass Papst Franziskus bereits 2020 die 2. Kommission mit dem Thema Frauendiakonat beauftragt hat, ist dies nichts Neues. Ein inhaltlicher Fortschritt ist in diesem Text nicht erkennbar. Einige Nationalkirchen sind weiter. Beim Synodalen Weg in Deutschland hatten 80% der Bischöfe und 93% aller Synodalen den Zugang von Frauen zum Diakonat gefordert, nicht nur die Prüfung dieser Frage. Dennoch hat der römische Beschluss eine neue Qualität:
- Erstmals wurde die Frage der Frauenweihe in einem gesamtkirchlich verabschiedeten Papier thematisiert. Mit dem Vorschlag zur “vertieften Reflexion” und „Fortsetzung der theologischen und pastoralen Forschung“ ist geradezu ein Tabu gefallen.
- Vor allem aber: Noch nie hielten so viele Vertreter der Weltkirche das Thema Frauenweihe – wenn auch nur hinsichtlich des Diakonats – für diskussionswürdig: 285 der 346 stimmberechtigten Synodalen haben für diesen Passus des Abschlussdokumentes gestimmt, also 82%.
Auftrag für Reformer
Nun ist der theologische Diskursraum eröffnet. Ein decisionistisches Basta ist nicht mehr möglich. Weltweit kann in der katholischen Kirche offen über dieses Thema gesprochen, diskutiert und geschrieben werden. Ohne dass Konsequenzen drohen. Diese waren selbst in Deutschland noch vor kurzem an der Tagesordnung, wie inquisitionsmässige Massnahmen gegenüber Befürwortern der Frauenweihe zeigen. Die Offenheit gilt nicht nur für den Diakonat, sondern auch für das Frauenpriestertum. Denn Papst Franziskus hat – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Papst Johannes Paul II. – kurz vor der Bischofssynode geäussert, dass darüber das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.
Ja, es ging in Rom nur um den Diakonat; Frauen als Priesterinnen kommen im Abschlussdokument nicht vor. Aber auch diese Frage hat die Weltsynode beschäftigt. Sie soll immer wieder Thema in den informellen Gesprächen von Kirchenvertretern aus aller Welt (nicht nur aus Europa und den USA) gewesen sein.
Dies lässt hoffen für das kommende Jahr. Es muss für die Vorbereitung auf die abschliessende Bischofssynode in allen Teilen der Weltkirche genutzt werden. Die offene Diskussion mit Austausch von Argumenten kann endlich überall auf der Welt geführt werden. Die theologische Messlatte dafür ist nicht zuletzt durch den Synodalen Weg in Deutschland gelegt worden. Dessen wegweisender Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ (4. Synodalversammlung, vom 9.9.2022) liegt in 4 Sprachen übersetzt vor. Vielleicht gelingt es dann im Oktober 2024 in Rom, mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit der Bischofssynode dem Papst zu sagen: Wir fordern den Zugang der Frauen zum Diakonat (kein Frauendikakonat light)!
Dies wäre nicht nur ein kosmetisch-symbolischer Schein-Schritt wie z.B. die selbstverständliche Forderung, dass Frauen gleich entlohnt und vermehrt in kirchlichen Behörden tätig sein sollen (Kapitel 9 m), o)). Es wäre der erste richtige Schritt wider die Diskriminierung der Frauen in der römisch-katholischen Kirche. Ein Schritt, der das Ende der täglichen, schmerzvollen Menschrechtsverletzungen gegenüber Frauen herbei führen könnte.
7.11.2023: Eingefügt Zitat aus Kapitel 9 und Textanpassung