Die Kirche habe keine „Vollmacht“, homosexuelle Paare zu segnen, hat die vatikanische Glaubenskongregation am 15.3.2021 verkündet. Diese Entscheidung sei auch von Papst Franziskus „gutgeheißen“ worden.
Wer die vatikanischen Weigerungen kennt, die Zeichen der Zeit zu (be)achten, wird sich erinnern: Schon bei der Absage an die Frauenweihe wurde diese Formulierung gebraucht, 1994 von Papst Johannes Paul II. in Ordinatio sacerdotalis. Tenor: Es ist uns nicht möglich, darüber zu befinden. Dazu sind wir nicht befugt.
Was natürlich Unsinn ist. Warum? Es ist eine Leerformal, ohne Inhalt. Denn diese normative Aussage ist selbstreferentiell. Wer die Befugnis besitzt, sich selbst eine Befugnis abzusprechen, besitzt natürlich auch die Befugnis, sich eine Befugnis zuzuschreiben. Das kann man jederzeit tun. Die Bedeutung dieser Aussage ist daher schlicht: Ich will nicht.
Was bleibt? Eine vordergründig starke Geste. Leider scheint das ein Muster zu sein. Wenn die Argumente fehlen, wenn die theologische Position ohne Überzeugungskraft ist, versteckt sich die Kirche hinter ihrer selbstdefinierten Unzuständigkeit. Selbst wenn sie wollen würde, könnte sie ja nicht.
Blockade-Politik des Vatikan
Dies ist nicht nur eine subtile Form einer autoritären Basta-Theologie. Es ist zugleich auch eine Flucht in die Sprachlosigkeit. Sie wirkt hilflos gegenüber einer Wirklichkeit, der man nicht mehr gewachsen zu sein scheint. Der Vatikan steht gegenüber der Realität mit leeren Händen da, weltfremd und ohne positive Botschaft. Er sendet mit seinen Worten unbewusste Zeichen der Kapitulation vor Diskussionen und Reformen.
Vermutlich glaubt der Vatikan, auf diese Weise die Diskussionen beenden zu können. Aber er erreicht das Gegenteil. Zum einen weil derjenige, der das Gespräch verweigert, nicht verbindet, sondern spaltet. Dies bildet immer einen Ansporn für Gegner. Zum andern weil seine Gegner die vatikanische Sprach- und Hilfslosigkeit spüren und daher die Chance sehen, mit ihrem Anliegen Erfolg zu haben.
Dies ist die gute Botschaft. Eine Kirche, die nichts Besseres weiss, als Argumente durch Autorität zu ersetzen, wird den Widerstand erst recht anfachen. Denn er richtet sich gegen eine spürbare Schwäche und scheint daher erfolgversprechend zu sein.
Widerstand der Bischöfe
Genau dies tritt nun ein: Eine umfassende Welle der Solidarität mit den Homosexuellen baut sich auf, die vom Vatikan nicht mehr aufzuhalten sein wird. Deutsche Bischöfe kritisieren das Verbot der Segnung homosexueller Partnerschaften (Bischof Dieser) oder fordern eine Neubewertung der Homosexualität (Bischof Overbeck). Bischöfe anderer Länder werden sich anschliessen, die belgische Bischofskonferenz hat am 19.3.2021 den Anfang gemacht.
Die Bischöfe können sich dabei auf ihr Gewissen berufen. Um mit den Worten von Kardinal Woelki zu sprechen: „Ich habe mein Gewissen geprüft, und ich bin persönlich der Überzeugung, dass ich mich korrekt verhalten habe“. Natürlich können sich auch alle Priester auf ihr Gewissen berufen, die weiterhin homosexuelle Paare segnen. Sie dürften dabei mit der Billigung vieler Bischöfe rechnen können.
Was die Traditionalisten angeht, die den Menschen als Gottes Schöpfung und Ebenbild immer noch nicht verstehen, können wir eine Fürbitte in die Kirchen tragen:
Gott hat den Menschen die Liebe geschenkt. Die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe zwischen Frau und Frau und die Liebe zwischen Mann und Mann. Herr, wir bitten für diejenigen, die daran zweifeln. Möge der heilige Geist sie erleuchten.