Der Synodale Weg in Deutschland wurde mit der 5. Synodalversammlung am 11.3.2023 in Frankfurt/Main abgeschlossen. Nun liegen wichtige Texte gegen die Frauendiskriminierung in der Kirche vor. Sie wurden mit grosser Mehrheit – auch der Bischöfe – beschlossen.

  • Grundtext:  Am 10.9.2022 wurde der Grundtext „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ beschlossen. 82% der Bischöfe und 92% aller Synodalen fordern Papst oder Konzil auf, die Lehre von Ordinatio Sacerdotalis auf ihre Unfehlbarkeit hin zu prüfen. Denn ihr Frauenausschluss vom Priesteramt werde „vom Volk Gottes in weiten Teilen nicht angenommen und nicht verstanden“.
  • Handlungstext: Am 11.3.2023 wurde auch der an den Grundtext anknüpfende, kürzere Handlungstext „Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das Weltkirchliche Gespräch“ ebenfalls mit breiter Mehrheit beschlossen. 80% der Bischöfe und 93% aller Synodalen haben gefordert, dass auch Frauen Zugang zum Diakonat haben sollen (kein gesonderter Frauendiakonat light!). Dafür stimmten nach einer emotionalen Debatte 177 Synodale bei 12 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen.

Natürlich kann man jetzt enttäuscht sein: Der Synodale Weg hat sich aufgrund des Drängens der Bischöfe nur für weniger Diskriminierung der Frauen eingesetzt, nicht aber für die Abschaffung der Diskriminierung. Eine legale Priesterweihe für Frauen scheint noch in weiter Ferne zu liegen; nur contra legem ist sie derzeit möglich.

Trotzdem sind diese Texte ein kirchenhistorischer Meilenstein: Der Diakonat der Frau ist eine definitive Forderung, kein Prüfungsauftrag. Erstmals haben die Bischöfe einer grossen katholischen Nationalkriche nicht nur vereinzelt, sondern mit breiter Mehrheit die Forderung nach der Frauenweihe erhoben. Denn der Diakonat ist die unterste Stufe der Weihe (Ordination). Damit plädieren sie zugleich für die Änderung des kirchenrechtlichen Bollwerks gegen die Frauenweihe, den canon 1024 CIC.

Interessant ist das Abstimmungsverhalten der Bischöfe bei diesen Frauenweihe-Texten. Sowohl über den Grundtext als auch über den Handlungstext wurde namentlich abgestimmt; beide Texte haben 9 der etwa 60 abstimmenden Bischöfe (ca. 15%) mit ihrer Nein-Stimme abgelehnt (Hinweis: bei der Zählung der Stimmen werden Enthaltungen wie nicht abgegebene Stimmen behandelt und nicht als Nein-Stimmen gewertet). Es sind:

  • Bischof Hanke (Eichstätt)
  • Bischof Voderholzer, Weihbischof Graf (Regensburg)
  • Bischof Oster (Passau)
  • Bischof Ipolt (Görlitz)
  • Erzbischof Kardinal Woelki, Weihbischof Schwaderlapp (Köln)
  • Weihbischof Wörner (Augsburg)
  • Weihbischof Heinrich (Berlin)

Selbst wenn diese Bischöfe auch zukünftig mit der Diskriminierung der Frauen das frauenfeindliche Profil der Kirche aufrecht erhalten wollen: Die grosse Mehrzahl der deutschen Bischöfe wird die frohe Botschaft „im Sinne einer Anwaltschaft“ in die Weltkirche tragen. Das theologisch fundierte Votum der beiden Texte für Geschlechtergerechtigkeit könnte ein Gamechanger für das Ringen um das Frauenpriestertum werden.

Vielleicht hat die Benediktinerin Philippa Rath doch recht, dass in 10 – 20 Jahren Priesterinnen geweiht werden: “ Ich bin sicher, ich erlebe es noch“ (ab 43:00).

In der New York Times vom 6.1.2023 und online haben 19 römisch-katholische Bischöfinnen weltweit einen Offenen Brief an Papst Franziskus veröffentlicht.

Darin prangern sie die andauernde Frauendiskriminierung durch die katholische Kirche an und fordern ein Ende des Ausschlusses der Frauen vom Priesteramt. Der Offene Brief wurde auch von den 3 europäischen Bischöfinnen unterzeichnet. Er macht eindrucksvoll deutlich, dass die Forderung der Frauenordination in unserer Kirche nicht nur in Deutschland und in Europa erhoben wird, sondern weltweit.  

Ausschnitt unten rechts: Open Letter to Pope Francis etc., New York Times 6.1.2023

Der Offene Brief wurde von der Organisation Roman Catholic Women Priests (RCWP) initiiert, der weltweit etwa 300 römisch-katholische Priesterinnen und Bischöfinnen angehören. Wir veröffentlichen folgend die deutsche Übersetzung (Download) dieses Briefes:

Offener Brief

an Papst Franziskus,

das Volk Gottes,

Beamte der Kurie,

Bischofskonferenzen in Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien und Ozeanien

6.1.2023

Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) kam zum ersten Mal Hoffnung für Frauen in der römisch-katholischen Kirche auf. Papst Johannes XXIII. rief die Kirche dazu auf, Türen und Fenster zu öffnen und „die Zeichen der Zeit zu erkennen“. Als Papst Franziskus kürzlich zu einem weltweiten synodalen Prozess aufrief, wagten wir, die Bischöfinnen der römisch-katholischen Kirche, erneut zu hoffen, dass die Kirchenführung zuhört und mit dem Volk Gottes geht.

In einem November-Interview, das im „American Magazine“ veröffentlicht wurde, versucht Papst Franziskus, den Ausschluss von Frauen aus den geweihten Ämtern zu rechtfertigen, indem er die archaische, patriarchalische Theologie anwendet, dass Jesus ein Mann war und er Männer als seine Apostel wählte, weshalb Priester auch männlich sein müssen. Er berief sich auf die mittelalterliche Ehebildsprache einer aktiv-empfangenden Beziehung, in der die Kirche die Braut und der Priester der Bräutigam ist. Dies missachtet die grundlegende Botschaft des Evangeliums und widerspricht unserer Taufeinigkeit in Christus: „. . . es gibt nicht mehr männlich und weiblich; denn ihr alle seid eins in Christus Jesus.“ (Galater 3:28) Die Taufe beruht auf dem Glauben, nicht auf dem Geschlecht, nicht der Nationalität oder anderen Formen der Diskriminierung.

Die fadenscheinigen Argumente, die Franziskus in dem Interview skizziert, erkennen nicht die vielen Stellen in der Schrift an, wo Frauen von Gott oder Jesus zum Dienst auserwählt werden. Maria von Magdala wurde zur „Apostelin der Apostel“ ausgerufen, und eine Vielzahl anderer Frauen, die in der Schrift namentlich genannt werden, gingen hinaus, um die Frohe Botschaft in der frühen Kirche zu verkünden. An dem Argument festzuhalten, dass Männlichkeit für die Weihe notwendig ist, schaden Kirche und Gesellschaft insgesamt. Eine Kirche, die Frauen mit ihren Strukturen unterwirft, unterstützt eine ähnliche Unterwerfung in der Welt. Damit verstößt die römisch-katholische Kirche gegen ihre eigenen Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils, das besagt: „. . . Formen sozialer oder kultureller Diskriminierung, grundlegender Persönlichkeitsrechte aufgrund von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, sozialen Bedingungen, Sprache oder Religion müssen eingedämmt oder ausgerottet werden, da sie mit Gottes Plänen unvereinbar sind.“ (Gaudium et Spes 29)

Der Versuch von Franziskus den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern zu rechtfertigen, ist ein Versäumnis, „die Zeichen der Zeit zu erkennen“ und die grundlegenden Menschenrechte aller Mitglieder der Kirche zu verstehen.

Römisch-katholische Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen sind dem Ruf Gottes und ihren Gemeinschaften gefolgt. Wir bieten eine lebendige Erfahrung von Gemeinschaft und Sakramenten, wo wir leben. Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass Menschen die Kirche verlassen, wir bringen Menschen zum Glauben zurück. Wir dienen, um diejenigen zu heilen, die durch körperlichen, emotionalen und geistlichen Missbrauch und Ausgrenzung innerhalb der Kirche schwer verwundet wurden. Wir bieten ein Kirchenmodell, das leicht als römisch-katholisch erkennbar ist, aber Transparenz in den Leitungsämtern, Einbeziehung der Ausgegrenzten und Gleichstellung der Geschlechter bietet.

Wir rufen Papst Franziskus und die Bischofskonferenzen in Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien und Ozeanien auf, sich mit uns, den römisch-katholischen Bischöfinnen, die auf der ganzen Welt dienen, zu treffen. Wir sind in apostolischer Sukzession berufen, auserwählt und geweiht. Trotz seiner Aufforderung zum Dialog weigert sich Papst Franziskus, sich auf ein authentisches Gespräch mit uns einzulassen. Papst Franziskus kann diese Tür mit den Schlüsseln des Apostels Petrus aufschließen.

+Jane Kryzanowski, Regina, SK, Canada; photina61@gmail.com,

+Martha Sherman, Washington, IA; revmmsherman@gmail.com

+Mary Eileen Collingwood, Cleveland, OH, USA;mecreg6@yahoo.com

+Christine Mayr-Lumetzberger, Pettenbach, Austria;mmcml@almnet.at

+Olga Lucia Álvarez Benjumea, Envigado, Columbia;olalbe@gmail.com

+Jean Marie Marchant, Boston, MA, USA

+Suzanne Avison Thiel, Portland, OR, USA

+Jane Via, San Diego, CA, USA

+Mary Keldermans, Springfield, IL, USA

+Ida Raming, Stuttgart, Germany

+Briget Mary Meehan, Ft. Meyers, FL, USA

+Marie Evans Bouclin, Sudbury, ON, Canada

+Merlene Olivia Doko, Pismo Beach, CA, USA

+Andrea Michele Johnson, Annapolis, MD, USA

+Sibyl Dana Reynolds, Pebble Beach, CA, USA

+Joan Clark Houk, South Bend, IN, USA

+Patricia Fresen, Johannesburg, South Africa

+Nancy Louise Meyer, Brownsburg, IN, USA

+Gisela Forster, Berg, Germany

Kardinal Woelki hat schwere Fehler gemacht, sagt sein Chef, Papst Franziskus. Er hat ihn zeitweise freigestellt und droht nun, sein Rücktrittsangebot anzunehmen. Trotzdem hält Woelkis negative Performance an. Jetzt hat ihn auch noch sein wahrer Vorgesetzter zum Rapport bestellt.

So kam es unlängst zum Gespräch – Kölner ahnen es – mit dem Teufel höchstpersönlich. Hauptthema waren seine Zielvorgaben für das Erzbistum Köln. Die Austrittszahlen dort sind zwar hoch, aber bei weitem nicht ausreichend. Zumal der Kardinal dem Teufel versprochen hatte, dafür zu sorgen, dass alle Katholiken in Köln die Kirche verlassen. Damit gerät der teuflische Plan ins Wanken, die Kirche von innen her zu zerstören.

Das Gespräch mit des „Teufels Kardinal“ ist in der Kölner Stunksitzung 2023 zu sehen, veröffentlicht in der Mediathek des WDR (ab 00:24:44) und demnächst auch auf youtube. Viel Spass!

Den Befürwortern der Frauenweihe wird häufig vorgeworfen, dass dieses Thema nur eine Strukturfrage sei und die Diskussion somit für eine echte Erneuerung der Kirche zu kurz greife.

Interessanterweise wird dieser Vorwurf häufig von denjenigen erhoben, die selbst die Struktur der Kirche ausmachen. Es scheint fast so, als dass sie damit eine zentrale Kategorie ihres eigenen Denkens ungewollt auf die Befürworter der Frauenweihe projezieren, die Machtorientierung. Denn Machtfragen sind Strukturfragen.

Jesus unter den Schriftgelehrten, Kacheln, Portugal

Aber sie irren damit sehr. Es geht den Befürwortern der Frauenweihe nicht vorrangig um Macht und Strukturen, sondern um einen zutiefst jesuanisches Motiv: Es geht schlicht um Gerechtigkeit. Gerechtigkeit aber ist keine Strukturfrage. Papst Benedikt bezeichnete die Reform der Kirche unter Rückgriff auf die heilige Hildegard „nicht als sterile Veränderung der Strukturen, sondern als Umkehr des Herzens“.

Die Ungleichbehandlung der Frauen durch ihren Ausschluss von der (Priester-) Weihe wird nicht nur zunehmend als ungerecht empfunden, wie der Vatikan meint. Sie ist auch objektiv ungerecht und diskriminierend. Sie bildet eine schmerzhafte Gerechtigkeitslücke in unserer Kirche. Solange diese besteht, kann die Glaubenskrise nicht geheilt werden, sondern wird sich verstärken. Denn ohne innere Gerechtigkeit fehlt der Kirche das belastbare Fundament, ihre Glaubwürdigkeit.

Somit ist jeder Versuch einer Erneuerung durch Evangelisierung auf Sand gebaut. Er ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, die Kräfte sind sinnlos vertan. Denn es fehlt am Evangelium, was „gute Botschaft“ bedeutet. Ungerechtigkeit ist eine schlechte Botschaft, für die betroffenen Frauen angesichts ihrer schmerzhaften Zurückweisung und Diskriminierung eine Schreckensbotschaft.

Wir trauern um Kardinal Joseph Ratzinger und Papst Benedikt XVI., der heute mit 95 Jahren gestorben ist. Er war ein brillanter Theologe, aber kein guter Papst.

In seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst hat er die Kirche nachhaltig geprägt. Aus dem Elfenbeinturm seiner Gelehrsamkeit hat er sie aber nicht in die Zukunft führen können. Dazu fehlte ihm der Realitätsbezug, die Verwurzelung in der Wirklichkeit. Beim Umgang mit Frauen, Homosexuellen und Missbrauchten hat er die Kirche unglaubwürdig gemacht und ihr damit nachhaltig geschadet. Gefangen im Zeitgeist seiner Jugend hat er sie über 30 Jahre lang in eine Sackgasse geführt. Sein grösstes Verdienst als Papst war es, dass er seine eigene Unfähigkeit erkannte und den Mut aufbrachte, 2013 sein Amt nieder zu legen.

Wie geht es nun weiter? Papst Franziskus wird es nun leichter fallen, zukünftig ebenfalls sein Amt nieder zu legen. Wenn er einem Nachfolger Platz macht, könnte sich eine der beiden grössten Gefahren für unsere römisch-katholische Kirche realisieren: Ein Pontifikat von Papst Johannes Paul III. oder von Papst Benedikt der XVII. Es möge verhütet werden!

Übrigens ist die Erinnerung an Benedikt XVI. damit verbunden, dass er diejenigen, die seine Meinung nicht teilten, als „laue Christen“ ansah. Da stellt sich die Frage, wann ist ein Christ lau? Ist es nicht eher derjenige, der Menschen diskriminiert und damit die Menschenrechte verletzt. Ist dieser nicht deswegen lau, weil er die Botschaft Christi nicht radikal umsetzt, die die Gleichheit aller Menschen (Gal 3,28) aus der göttlichen Menschenwürde ableitete? Ist er nicht deswegen lau, weil er sich hinter der Tradition versteckt, anstatt für christliche Werte zu kämpfen?

Wir verabschieden uns heute von einem wortmächtigen Gelehrten, einem schlechten Papst und einem – nach eigenem Massstab – lauen Christen.

Die zeitgleiche Umweltkonferenz COP27 in Ägypten war wirklich enttäuschend, aber nicht der 6-tägige ad limina-Besuch aller deutschen Bischöfe bis zum 18.11.2022 in Rom. Letzterer war wirklich ein grosser Erfolg. Auch wenn dies teilweise anders gesehen wird. Warum ist das so?

Ad limina-Besuch der Deutschen Bischöfe 2022 im Vatikan

1. Erstmals hat eine wichtige nationale Kirche dem Vatikan vor Ort nahezu geschlossen die Stirn geboten. Sie hat den Vatikan in offener Konfrontation zur Überprüfung – sprich Änderung – seiner Lehre u.a. beim Thema Frauenweihe aufgefordert. Anwesend waren alle über 60 deutschen Bischöfe. Nicht Laien wie Vertreter des Zentralkommittees der deutschen Katholiken oder unbotmässige Priester haben hart mit den höchsten römischen Kirchenvertretern diskutiert. Das ist ein kirchenhistorischer Meilenstein. Offen zu Tage tritt damit auch der römische Machtverlust, nachdem dort bisher dekretiert wurde, die Frauenweihe sei kein Thema, die Debatte darüber sei beendet.

2. Der Synodale Weg in Deutschland geht gegen den Willen des Vatikans weiter. Der Machtkampf mit der deutschen Kirche ging verloren, nachdem die deutschen Bischöfe die Aufforderung von Kardinal Ouellet zur Aussetzung (Moratorium) des Synodalen Weges in Deutschland vehement ablehnten. Damit besteht weiterhin die Chance, mit den Beschlüssen des Synodalen Weges in Deutschland im Frühjahr 2023 den vom Vatikan befürchteten weltkirchlichen „Flächenbrand“ zu erzeugen. Auch andere Nationalkirchen könnten sich ermutigt fühlen, die kirchliche Erneuerung durch tiefgreifende Reformen offen zu fordern. Dazu gehört insbesondere, nun auch für die Frauenweihe einzutreten. Die vatikanische Weltsynode wird dieses Anliegen dann 2023-2024 nicht mehr ignorieren können.

Also: Alles läuft nach Plan. Der Weg zum 1. weiblichen Pontifikat mit seinen 5 Etappen geht weiter. Mit der neuerlichen Zuspitzung der Debatte rückt die nächste Etappe – das Kippen der Tradition – näher. Der Widerstand gegen die römische Autorität, die bisher keinen Widerspruch und keine ungewollte Diskussion dulden musste, ist auf höchster Ebene angekommen und unabweisbar präsent. Das zeigt sich auch in der unüblichen Veröffentlichung zweier Präfekten-Reden, denen man die Klage über den Verlust von Macht und Autorität – mithin einer untergegangenen Zeit – deutlich entnehmen kann. Dies ist nicht nur ein Sieg der Meinungsfreiheit, sondern auch Hoffnungszeichen für zukünftige Geschlechtergerechtigkeit.

„Gottes Wort zu verkünden, hängt nicht vom Geschlecht ab“, schloss ein Priester im Oktober 2022 die Sonntagsmesse in einer grossen Kölner Pfarrkirche. In der katholischen Kirche aber doch. Nach dem geltenden Kirchenrecht dürfen Frauen weder das Evangelium verkünden, noch in der heiligen Messe (Eucharestiefeier) die Predigt (Homilie) halten. Predigtverbote gab es im übrigen schon immer. Im alten Rom waren sie Teil der Christenverfolgung. Aber heute muten sie anachronistisch an. Und behindern, ja sabotieren die Verwirklichung von Gottes Heilsplan, indem – biblisch gesprochen – Talente vergraben werden.

Frauenpredigt

Aber seit einiger Zeit ändert sich das. In vielen deutschsprachigen Bistümern sind Frauenpredigten schon heute kirchenrechtswidrige Normalität und werden auch veröffentlicht. Nun werden sie es auch im konservativen Erzbistum Köln. Hier lassen drohende persönliche Konsequenzen noch immer manchen Priester davor zurück schrecken, den Ambo einer Frau für die Predigt zu überlassen. Dies hat sich bei der Vorbereitung der Aktion „Weil wir es können! Pastoral- und Gemeindereferent:innen im Erzbistum Köln predigen“ der Berufsverbände der Gemeinde- und Pastoralreferent:innen im Erzbistum Köln gezeigt. Trotzdem haben gemäss Angabe der Verbände an den beiden letzten Oktober-Wochenenden in 50 Messen Laien im Erzbistum gepredigt, davon 39 mal Frauen (78 %). Daneben gab es etliche weitere Laienpredigten, die nicht im Rahmen der Aktion angekündigt wurden.

Maria als Priesterin

Wer den Gottesdiensten beigewohnt hat, spürte die Selbstverständlichkeit, mit der hier eine neue Tradition gewachsen ist. Die Frauenpredigt war völlig normal und hatte keine Spur eines Aufbegehrens. Die Gemeinde spendete teilweise den hinweisenden priesterlichen Worten offenen Beifall. Während der Gottesdienste fühlte man sich eher an urchristliche Zeiten erinnert, als das Gemeindeleben von Frauen ebenso wie von Männern entsprechend ihren Berufungen geprägt wurde. Und so gilt heute: Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Frauen predigen. Und demnächst noch mehr…

Vor 60 Jahren wurde am 11. Oktober in Rom das 2. Vatikanische Konzil eröffnet. Es sollte die Kirche in die Gegenwart bringen und ihr damit die Zukunft sichern. Nach anfänglicher Euphorie blieb dies leider ohne Erfolg.

Eröffnung des 2. Vatikanums, Petersplatz in Rom

Frauen waren nicht zugelassen – ausser als Zuhörerinnen in der Endphase. Aber sie haben sich erstmals aktiv und öffentlich gegen ihre Diskriminierung in der katholischen Kirche mit schriftlichen Eingaben gewehrt und die Frauenweihe gefordert.

Sitzung des 2. Vatikanums, Petersdom in Rom

Eine von ihnen war die Theologin Josefa Theresia Münch. Vor der letzten Sitzungsperiode wandte sie sich im Juli 1965 an die deutschsprachigen Bischöfe, die am 2. Vatikanum teilnahmen – ein hellsichtiger Apell, der bis heute ungehört geblieben ist und keines Kommentars bedarf:

Bitte, nehmen Sie die Frauen ernst und für volle Glieder der Kirche, solange es noch Zeit ist, solange sie noch am Gottesdienst teilnehmen! Wenn die Frauen erst einmal die Konsequenz daraus gezogen haben, dass sie in der Kirche dauernd negiert werden, ist es zu spät.

Auch mit 90 Jahren setzt sich die Theologin, Autorin und katholische Priesterin Dr. Ida Raming noch aktiv gegen die Frauendiskriminierung in der katholischen Kirche ein. Am 5. September 2022 hat sie in der Karl-Rahner-Akademie in Köln über ihr ereignisreiches Leben im Kampf für die Frauenweihe berichtet.

Ida Raming (2. von rechts) am 5.9.2022 in der Karl-Rahner-Akademie Köln

Zusammen mit der Vertreterin von Maria 2.0 Rheinland, Maria Mesrian, und Dr. Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie und Philosophische Anthropologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., wurde über die Fragwürdigkeit der kirchlichen Argumente gegen die Frauenweihe ebenso diskutiert wie über ein neues Priesterbild. Die Veranstaltung war zugleich eine Hommage an das 20-jährige Priesterjubiläum der Donau Sieben.

Ida Raming erläutert ihre Priesterweihe contra legem

Ida Raming konnte dabei mit einem spannenden Bericht über ihren mutigen Akt des Ungehorsams beeindrucken, als sie sich 2002 zusammen mit 6 anderen Frauen, den Donau Sieben, kirchenrechtswidrig zu katholischen Priesterin weihen liess. Ihre Mitwirkung am 2. Vatikanischen Konzil in den 60er Jahren als junge Theologiestudentin durch schriftliche Eingaben und Gespräche u.a. mit Josef Ratzinger als Theologieprofessor in Münster bezeugten ihr lebenslanges Engagement für Gerechtigkeit in der katholischen Kirche.

Heute vor 20 Jahren wurden 7 Frauen auf der Donau zu römisch-katholischen Priesterinnen geweiht. Als „Donau Sieben“ wurden sie damals weltberühmt. Der Vatikan hat ihre kirchenrechtswidrige Weihe nicht anerkannt und sie exkommuniziert.

Seitdem wurden weitere Frauen zu römisch-katholischen Priesterinnen geweiht, nach 20 Jahren etwa 300 weltweit. Etwa 20 dieser Priesterinnen wurden zu Bischöfinnen geweiht. Sie haben sich weltweit in der Organisation Roman Catholic Women Priests (RCWP) zusammengeschlossen.

Sie alle folgen dem Leitspruch der Bibel „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29), der auch das Grab des Kardinals von Galen in Münster ziert.

Grab des Kardinals von Galen im Dom zu Münster

Mittlerweile gibt es viele ermutigende Zeichen, dass sich die Zeit der Diskriminierung der Frauen in unserer Kirche durch ihren Ausschluss vom Priesteramt dem Ende zuneigt. Der Synodale Weg in Deutschland, der die gesamte Breite des Kirchenvolkes repräsentiert, sendet dazu eindeutige Signale. Gleiches gilt für das weltweite Interesse an seinen Ergebnissen, das vom Vatikan weitgehend ignoriert wird. Dies zeigt u.a. die grosse Nachfrage nach seinen Dokumenten, die auch in englisch vorliegen, z.T. in italienisch und spanisch.

Vielleicht stimmt es wirklich, dass Papst Franziskus mit dem Einberufen der Weltsynode die „Reset-Taste“ gedrückt hat, wie dies die Kirchenrechtlerin und Beraterin des weltweiten synodalen Prozesses, Myriam Wijlens, sieht.

Wie auch immer, wir danken den Pionierinnen des Frauenpriestertums für ihren grossen Mut vor 20 Jahren und wünschen ihnen noch viele gute Jahre – in vatikanischer Sprache: ad multos annos!