Am 7.10.2012 wurde die heilige Hildegard von Bingen (1098-1179) in einer feierlichen Zeremonie von Papst Benedikt XVI. zur Kirchenlehrerin erhoben. Damit war sie erst die 4. Frau unter 37 Kirchenlehrerinnen und -lehrern. Zu ihren Ehren schmückt ihr Antlitz diese Webseite.
Die feierliche Zeremonie fand in Anwesenheit von Bischöfen aus aller Welt vor dem Petersdom statt. Dabei waren auch einige Frauen: Die Vertreterinnen der Benediktinerabtei St. Hildegard aus Rüdesheim im Rheingau unter Leitung ihrer Äbtissin Clementia Killewald. Sie hatten zuvor die theologischen Grundlagen für die Erhebung der heiligen Hildegard geschaffen. Sie hatten ihr Leben und Wirken wissenschaftlich erforscht, dokumentiert und publiziert. Nun sassen sie ganz hinten – hinter Bischöfen und anderen männlichen Würdenträgern.
Nach den Feierlichkeiten kam es zu einem weiteren Gespräch mit Papst Benedikt. Im März 2013 empfing er in dem kleinen Klösterchen in den Vatikanischen Gärten, in dem er als Emeritus seit kurzem lebte, die beiden Benediktinerinnen Clementia Killewald und Philippa Rath.
Dabei wurde der Papst auf das Lehrschreiben seines Vorgängers, Papst Johannes Paul II., Ordinatio Sacerdotalis angesprochen. Es schliesst das Frauenpriestertum in der römisch-katholischen Kirche aus und wird immer wieder als unfehlbar betrachtet. Papst Benedikt urteilte auf die Frage nach der Unfehlbarkeit:
Es ist eine wichtige Lehrentscheidung, aber es ist kein Dogma.
Schwester Philippa Rath hat die theologische Einordnung von Papst Benedikt nun öffentlich bezeugt. In der letzten Synodalversammlung des Synodalen Weges in Deutschland am 11.3.2023 hat sie darüber berichtet, bei der Diskussion über das Dokument „Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch“ . Es wurde mit grosser Mehrheit von 93% aller Synodalen und 80% der Bischöfe verabschiedet und fordert u.a. den Zugang der Frauen zum Diakonat, der niedrigsten Stufe der Weihe. Die Äusserung von Philippa Rath ist als Video (ab 3:14:37) veröffentlicht.
Damit hat Papst Benedikt 2012 deutlich gemacht, dass nach seiner Auffassung der Frauenausschluss vom Priesteramt nicht zum (unveränderlichen) Glaubensgut der römisch-katholischen Kirche gehört. Als Papst bestreitet er die Auffassung der Glaubenskongregation, die 1995 unter dem Präfekten Kardinal Ladari das Lehrschreiben Ordinatio Sacerdotalis offiziell als Glaubensgut bezeichnet hat. Die Kompetenz dazu hat die Glaubenskongregation nicht: Die Unterscheidung des Wesentlichen (Glaubensgut) vom Veränderlichen liegt beim kirchlichen Lehramt des Papstes oder dem Bischofskollegium der Weltkirche (canon 749 CIC).
So steht ein grosses Fragezeichen hinter der immer wieder behaupteten Unfehlbarkeit von Ordinatio Sacerdotalis. Papst Bendedikt selbst hat es gesetzt.
Folgerichtig hält als erster Kardinal 2023 der Luxemburger Jaen-Claude Hollerich die Zulassung von Frauen zu geweihten Ämtern in der katholischen Kirche prinzipiell für möglich: „Mit der Zeit“ könne ein Papst diese Frage anders entscheiden als Papst Jonhannes Paul II. Die Zeit ist da!