Während es bei der Frauenweihe zur Diakonin Bewegung gibt, ist die Weihe zur Priesterin in der offiziellen römisch-katholischen Kirche immer noch undenkbar. Sie ist geradezu ein Tabu-Thema. Papst Johannes Paul II. befand 1994, dass die Kirche “keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden”; alle Gläubigen der Kirche hätten sich “endgültig an diese Entscheidung zu halten” (Apostolisches Schreiben Ordinatio sacerdotalis Nr. 4). Papst Franziskus hat sich ähnlich ablehnend geäussert.
Aber die Fronten bröckeln, in vielen Ländern, auch bei vielen Priestern. Selbst römisch-katholische Bischöfe äussern zunehmend öffentlich ihre abweichende Meinung und fordern das Frauenpriestertum. Diese – angesichts drohender Sanktionen – mutigen Reformer sollen hier in loser Folge vorgestellt werden, heute:
Bischof Erwin Kräutler
Der Ordensgeistliche Bischof Kräutler CPPS (*1939 in Vorarlberg/Österreich) hat sein aktives Berufsleben weitgehend in Afrika verbracht. Im flächenmässig grössten brasilianischen Bistum engagierte er sich gesellschaftspolitisch für die Befreiungstheologie. Politisch verfolgt und unter persönlicher Todesgefahr hat er sich für die Rechte der Indigenen und Armen eingesetzt.
Bischof Erwin Kräutler (2. v.l.) bei der Vorstellung des Berichts „Gewalt gegen indigene Menschen in Brasilien“, Brasilia, 30.6.2011.
Weniger bekannt ist, dass er öffentlich für das Frauenpriestertum eintritt. In seinem Artikel Roma locuta, causa finita? (Zeitschrift der deutschen Jesuiten Stimmen der Zeit, März 2022, S.163-169) betont er nachdrücklich die Notwendigkeit der Frauenordination. Die Theologin Ida Raming verweist auf seine Forderung in ihrem Beitrag Frauenordination – Eine umstrittene, aber notwendige Reform für die katholische Kirche.
Kräutler kritisiert das Apostolische Schreiben Ordinatio sacerdotalis. „Die These, dass der Priester, weil er in der Person Christi handelt, ein Mann sein müsse … ist schwer zu verstehen und zu halten. Die Evangelien sind in einem patriarchalischen Kulturraum entstanden und niedergeschrieben worden, in dem die Frau eine gegenüber dem Mann unterwürfige Rolle spielte, ja geradezu als ‚unmündig‘ behandelt wurde… Wir leben nun im 21. Jahrhundert und die Frau ist längst als dem Mann gleichberechtigt anerkannt… All die immer wieder kolportierten Argumente, dass nur ein Mann die Priesterweihe gültig empfängt und die Frau vom Weihesakrament ausgeschlossen ist, sind unverständlich und verblassen angesichts der Realität, in der wir als Kirche in Amazonien leben….“ (164f)… Mindestens zwei Drittel der Basisgemeinden dort „werden heute von Frauen geleitet…“ (166).
Eindrucksvoll verweist er auf seine Schwester Ermelinde, die ihre Berufung zur Priesterin öffentlich machte. Ihr Leiden an der geschlechtlichen Diskriminierung durch unsere Kirche hat er persönlich miterlebt. „Immer wieder fragte sie mich“, schreibt Kräutler, warum, um Gottes willen, bin ich von der Priesterweihe ausgeschlossen? Nur weil ich eine Frau bin?. „Nun ist sie tot, aber ihre Frage brennt mir auf dem Herzen…Warum dürfen Frauen nicht geweiht werden? Bis heute fand ich keine Antwort, die mich überzeugen könnte. Und ich weiß, es gibt keine wirklich überzeugende Antwort.“