Als am 29.6.2002 erstmals Frauen zu katholischen Priesterinnen geweiht wurden – die Donau Sieben -, erforderte dies das unbotmässige Handeln männlicher Bischöfe. Einer von ihnen war Bischof Rafael Ferdinand Regelsberger. Er ist jetzt im Alter von 91 Jahren nach einem Verkehrsunfall am 1.10.2025 verstorben. In grosser Bescheidenheit liess er sich zum Bischof weihen, um das Frauenpriestertum in der katholischen Kirche zu ermöglichen. Dafür nahm er die Strafe der Exkommunikation auf sich.

Regelsberger am 29.6.2002 bei der Weihe der Donau Sieben (links mit weisser Mitra)
Die geheime Weihe

Hell und warm schien die Sonne aus wolkenlosem Blau, als in aller Heimlichkeit am 9. 5.2002 in einem oberösterreichischen Ort eine unerlaubte Bischofsweihe stattfand. In einer privaten Kapelle weihte der weitgehend unbekannte, Spanisch sprechende Bischof Antonio Braschi den früheren Benediktinerpater Raphael aus dem nahen Kloster Kremsmünster, seit 1977 laisierter Ferdinand Regelsberger, zum Bischof. Der Vatikan war eingeweiht, aber letztlich machtlos: Noch in der Nacht desselben Tages hatte der zuständige Bischof von Linz, Maximilian Aichern, die Nuntiatur in Wien benachrichtigt.

Zweck der geheimen Bischofsweihe war es, die für den 29.6.2002 an einem bis zuletzt geheim gehaltenen Ort geplante Weihe mehrerer Frauen zu katholischen Priesterinnen durch einen weiteren, dazu bereiten Bischof abzusichern. So geschah es dann auch: Braschi und Regelsberger konzelebrierten bei der Weihe der Donau Sieben auf dem Passagierschiff MS Passau auf der Donau; der dritte vorgesehene Bischof, dessen Name bis heute nicht bekannt ist, war nicht zur Weihe erschienen. Der Zweck der Bischofsweihe beunruhigte den Vatikan zutiefst; er versuchte, im Vorfeld näheres über die geplante Frauenweihe zu erfahren, insbesondere auch den vorgesehenen Ort, um ggfs. (gerichtlich?) dagegen vorgehen zu können. Die erfolgreiche Geheimhaltung der Vorbereitung zur Donau Sieben-Weihe hat dies verhindern können; so wurde dieses Ereignis zur Presse-Sensation.

Das Bekanntwerden der Bischofsweihe Regelsbergers hatte zu erheblicher Unruhe im Bistum Linz geführt, die bis in den Vatikan ausstrahlte. Die weltliche und kirchliche Presse hatte – noch vor der Weihe der Donau Sieben – ausführlich darüber berichtet; ausführliche Spekulationen wurden zur Person des weihenden Bischofs angestellt, der damals noch nicht bekannt war; das Geheimnis um den Ort wurde aber gelüftet. Der Linzer Bischof Aichern erhob öffentlich den Vorwurf „schismatischen“ Handelns; Regelsberger selbst kam dabei ebensowenig zu Wort wie seine Position zum Frauenpriestertum.

Werdegang Regelsbergers

Regelsberger wurde am 10.4.1934 in Viechtwang in Oberösterreich geboren. Er besuchte mit 11 Jahren das Stiftsgymnasium des Benediktinerklosters Kremsmünster und macht dort die Matura (Abitur). Danach wurde er dort Mönch, studierte in Salzburg und Rom und wurde 1958 zum Priester geweiht. Nach einigen Jahren in der Pfarrseelsorge folgte er 1969 seiner Berufung als Missionar nach Brasilien. Er kehrte nach 3 Jahren nach Österreich zurück, verliess später den Orden und wurde 1977 laisiert. Nach einem Psychologiestudium heiratete er eine ehemalige Ordensschwester, aber die Ehe blieb kinderlos und hatte nur 12 Jahre Bestand.

1995 engagierte sich beim Kirchenvolksbegehren und schloss sich damit der Forderung nach der Einführung der Frauenweihe an. Bis zum Eintritt in den Ruhestand arbeite er als katholischer Religionslehrer an den Berufsschulen in Attnang und Wels. Interessant ist: Seine aktive Unterstützung der Frauenweihe-Bewegung durch die kirchenrechtlich unerlaubte eigene Bischofsweihe und die Weihe der Donau Sieben 2002 wird in seiner ansonsten detaillierten Todesanzeige nicht erwähnt.

Todesanzeige Bestattungsinstitut Norbert Feichtinger, Scharnstein/Viechtwang, Oberösterreich, Oktober 2025
Wirksamkeit der Bischofsweihe

Entscheidend für die Wirksamkeit (Gültigkeit) der Bischofsweihe ist die Identität des Weihespenders. Handelte es sich tatsächlich um einen Bischof, der in der apostolischen Sukzession steht – und davon geht man kirchlicherseits offenbar aus – dann wurde am 9.6.2002 aller Wahrscheinlichkeit nach eine unerlaubte, aber gültige Bischofsweihe vollzogen (valide, sed illicite).

Wie beispielsweise im bekannten Fall von Bischof Lefebvre (Piusbrüder) würde dann Canon 1382 des Kirchenrechts zum Tragen kommen. Demgemäss hat das Bischöfliche Ordinariat der Diözese Linz im Juni-Diözesanblatt 2002 offiziell unter der Rubrik „Exkommunikation“ informiert: „Nach dem Kirchenrecht zieht sich sowohl der Bischof, der jemand ohne päpstlichen Auftrag zum Bischof weiht, sowie der von ihm Geweihte nach Canon 1382 die von selbst eintretende Strafe der Exkommunikation zu, deren Lösung dem Heiligen Stuhl vorbehalten ist. Jedem Exkommunizierten ist vom Kirchenrecht her untersagt, irgendeinen Dienst bei der Eucharistie oder bei einem anderen Gottesdienst zu übernehmen, Sakramente zu spenden oder Sakramente zu empfangen (can. 1331 § 1 CIC). Priesterliche oder bischöfliche Funktionen durch Herrn Regelsberger sind daher nicht gestattet.“

„Warum ich Frauen weihe“

Regelsbergers Weg in den Benediktinerorden war im katholischen geprägten Oberösterreich durch den Besuch des strengen benediktinischen Stiftsgymnasiums vorgezeichnet. So wurde er „trotz aller Zweifel“ zum Priester geweiht. Das Amt führte er mit Freuden und Erfolg aus, wie er selbst sagte, und mit kleinen und grösseren Rebellionen, die für ihn dazu gehörten. Es folgte der priesterliche Burnout nach seiner Rückkehr von der brasilianischen Mission sowie Unzufriedenheit mit autoritären Führungsstrukturen in Orden und Kirche. Sein gegen den Orden durchgesetztes Psychologiestudium führte zusammen mit einer Midlife Crisis letztlich zum Ordensaustritt und zur religiösen Neuorienierung.

Darüber berichtet Regelsberger in seinem Beitrag zum Buch „Wir sind Priesterinnen“, das 2002 vom Patmos-Verlag zur Weihe der Donau Sieben veröffentlicht wurde (Hg. Werner Ertel und Gisela Forster). Gegen eine Passage des Buches erwirkte das Erzbischöfliche Ordinariat der Erzdiözese von München und Freising am 26. Juli 2002 beim Landgericht München 1 eine Einstweilige Verfügung; sie verbat die Behauptung, „Ende Juni 2002 seien Frauen von römisch-katholischen Bischöfen zu Priesterinnen geweiht worden“. Die verbleibende Auflage des Buches wurde daraufhin vernichtet.

Titelblatt des Buches zur Weihe der Donau Sieben, Patmos-Verlag 2002

Im Buch äussert sich Regelsberger über seine Beweggründe zum Ungehorsam: „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die weibliche Seite Gottes muss im 3. Jahrtausend auch in den Frauen sichtbar gemacht werden. Es ist traurig, dass wir „contra legem“ zum Handeln gezwungen sind; das Gesetz der Liebe verpflichtet mich aber dazu. Denn Gerechtigkeit kann nur hergestellt werden, wenn auch in der römisch-katholischen Kirche diese Form der Diskriminierung der Frauen beendet wird… ER beruft in seinen Dienst, wen ER will.“

Ausblick

Die Exkommunikation Regelsbergers und die Distanzierung der Ordensoberen und vieler Kirchenvertreter waren für ihn schmerzlich. Aber die androzentrische und frauenfeindliche Macht der Kirche ist längst gebrochen: Regelsberger wurde wie vielen Exkommunizierten – verbotswidrig – regelmässig die heilige Kommunion gespendet; 4 Priester waren bei seinem Begräbnis am 13.10.2025 anwesend. Die Distanzierung der Amtskirche hat ihn nicht davon abgehalten, seiner Berufung als Seelsorger bis zuletzt nachzugehen und anderen Menschen zu helfen. Eine Priesterin der Donau Sieben resumiert:

„Rafael war eine Seele von Mensch und einer unserer größten Unterstützer“

Die Mitwirkung von Männern – und damit ihre Exkommunikation – ist heute bei Frauenweihen nicht mehr erforderlich. 20 Jahre nach der Weihe der Donau Sieben geben die Frauen die Priesterweihe mittlerweile selbst weiter, wie während der Weltsynode in Rom. Etwa 20 Bischöfinnen stehen bereit, diejenigen Frauen zu Priesterinnen zu weihen, die sich berufen sehen (namentlich als Ansprechpartnerinnen hier aufgeführt) – zuletzt die Spanierin Christina Moreira.

Männer wie Regelsberger sind aber für eine diskriminierungsfreie Zukunft der Kirche entscheidend. Nur wenn sich auch männliche Priester und Bischöfe zur Frauenweihe offen bekennen und gegen das Kirchenrecht handeln, wird es eine gerechte Kirche geben. Aus der Kirchengeschichte wissen wir: Ohne solchen Druck gibt es keine Veränderung in der katholischen Kirche. In diesem Sinn war Bischof Rafael Regelsberger ein mutiges Vorbild. Möge er viele ebenso mutige Nachfolger finden.