In der New York Times vom 6.1.2023 und online haben 19 römisch-katholische Bischöfinnen weltweit einen Offenen Brief an Papst Franziskus veröffentlicht.

Darin prangern sie die andauernde Frauendiskriminierung durch die katholische Kirche an und fordern ein Ende des Ausschlusses der Frauen vom Priesteramt. Der Offene Brief wurde auch von den 3 europäischen Bischöfinnen unterzeichnet. Er macht eindrucksvoll deutlich, dass die Forderung der Frauenordination in unserer Kirche nicht nur in Deutschland und in Europa erhoben wird, sondern weltweit.  

Ausschnitt unten rechts: Open Letter to Pope Francis etc., New York Times 6.1.2023

Der Offene Brief wurde von der Organisation Roman Catholic Women Priests (RCWP) initiiert, der weltweit etwa 300 römisch-katholische Priesterinnen und Bischöfinnen angehören. Wir veröffentlichen folgend die deutsche Übersetzung (Download) dieses Briefes:

Offener Brief

an Papst Franziskus,

das Volk Gottes,

Beamte der Kurie,

Bischofskonferenzen in Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien und Ozeanien

6.1.2023

Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) kam zum ersten Mal Hoffnung für Frauen in der römisch-katholischen Kirche auf. Papst Johannes XXIII. rief die Kirche dazu auf, Türen und Fenster zu öffnen und „die Zeichen der Zeit zu erkennen“. Als Papst Franziskus kürzlich zu einem weltweiten synodalen Prozess aufrief, wagten wir, die Bischöfinnen der römisch-katholischen Kirche, erneut zu hoffen, dass die Kirchenführung zuhört und mit dem Volk Gottes geht.

In einem November-Interview, das im „American Magazine“ veröffentlicht wurde, versucht Papst Franziskus, den Ausschluss von Frauen aus den geweihten Ämtern zu rechtfertigen, indem er die archaische, patriarchalische Theologie anwendet, dass Jesus ein Mann war und er Männer als seine Apostel wählte, weshalb Priester auch männlich sein müssen. Er berief sich auf die mittelalterliche Ehebildsprache einer aktiv-empfangenden Beziehung, in der die Kirche die Braut und der Priester der Bräutigam ist. Dies missachtet die grundlegende Botschaft des Evangeliums und widerspricht unserer Taufeinigkeit in Christus: „. . . es gibt nicht mehr männlich und weiblich; denn ihr alle seid eins in Christus Jesus.“ (Galater 3:28) Die Taufe beruht auf dem Glauben, nicht auf dem Geschlecht, nicht der Nationalität oder anderen Formen der Diskriminierung.

Die fadenscheinigen Argumente, die Franziskus in dem Interview skizziert, erkennen nicht die vielen Stellen in der Schrift an, wo Frauen von Gott oder Jesus zum Dienst auserwählt werden. Maria von Magdala wurde zur „Apostelin der Apostel“ ausgerufen, und eine Vielzahl anderer Frauen, die in der Schrift namentlich genannt werden, gingen hinaus, um die Frohe Botschaft in der frühen Kirche zu verkünden. An dem Argument festzuhalten, dass Männlichkeit für die Weihe notwendig ist, schaden Kirche und Gesellschaft insgesamt. Eine Kirche, die Frauen mit ihren Strukturen unterwirft, unterstützt eine ähnliche Unterwerfung in der Welt. Damit verstößt die römisch-katholische Kirche gegen ihre eigenen Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils, das besagt: „. . . Formen sozialer oder kultureller Diskriminierung, grundlegender Persönlichkeitsrechte aufgrund von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, sozialen Bedingungen, Sprache oder Religion müssen eingedämmt oder ausgerottet werden, da sie mit Gottes Plänen unvereinbar sind.“ (Gaudium et Spes 29)

Der Versuch von Franziskus den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern zu rechtfertigen, ist ein Versäumnis, „die Zeichen der Zeit zu erkennen“ und die grundlegenden Menschenrechte aller Mitglieder der Kirche zu verstehen.

Römisch-katholische Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen sind dem Ruf Gottes und ihren Gemeinschaften gefolgt. Wir bieten eine lebendige Erfahrung von Gemeinschaft und Sakramenten, wo wir leben. Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass Menschen die Kirche verlassen, wir bringen Menschen zum Glauben zurück. Wir dienen, um diejenigen zu heilen, die durch körperlichen, emotionalen und geistlichen Missbrauch und Ausgrenzung innerhalb der Kirche schwer verwundet wurden. Wir bieten ein Kirchenmodell, das leicht als römisch-katholisch erkennbar ist, aber Transparenz in den Leitungsämtern, Einbeziehung der Ausgegrenzten und Gleichstellung der Geschlechter bietet.

Wir rufen Papst Franziskus und die Bischofskonferenzen in Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien und Ozeanien auf, sich mit uns, den römisch-katholischen Bischöfinnen, die auf der ganzen Welt dienen, zu treffen. Wir sind in apostolischer Sukzession berufen, auserwählt und geweiht. Trotz seiner Aufforderung zum Dialog weigert sich Papst Franziskus, sich auf ein authentisches Gespräch mit uns einzulassen. Papst Franziskus kann diese Tür mit den Schlüsseln des Apostels Petrus aufschließen.

+Jane Kryzanowski, Regina, SK, Canada; photina61@gmail.com,

+Martha Sherman, Washington, IA; revmmsherman@gmail.com

+Mary Eileen Collingwood, Cleveland, OH, USA;mecreg6@yahoo.com

+Christine Mayr-Lumetzberger, Pettenbach, Austria;mmcml@almnet.at

+Olga Lucia Álvarez Benjumea, Envigado, Columbia;olalbe@gmail.com

+Jean Marie Marchant, Boston, MA, USA

+Suzanne Avison Thiel, Portland, OR, USA

+Jane Via, San Diego, CA, USA

+Mary Keldermans, Springfield, IL, USA

+Ida Raming, Stuttgart, Germany

+Briget Mary Meehan, Ft. Meyers, FL, USA

+Marie Evans Bouclin, Sudbury, ON, Canada

+Merlene Olivia Doko, Pismo Beach, CA, USA

+Andrea Michele Johnson, Annapolis, MD, USA

+Sibyl Dana Reynolds, Pebble Beach, CA, USA

+Joan Clark Houk, South Bend, IN, USA

+Patricia Fresen, Johannesburg, South Africa

+Nancy Louise Meyer, Brownsburg, IN, USA

+Gisela Forster, Berg, Germany

Kardinal Woelki hat schwere Fehler gemacht, sagt sein Chef, Papst Franziskus. Er hat ihn zeitweise freigestellt und droht nun, sein Rücktrittsangebot anzunehmen. Trotzdem hält Woelkis negative Performance an. Jetzt hat ihn auch noch sein wahrer Vorgesetzter zum Rapport bestellt.

So kam es unlängst zum Gespräch – Kölner ahnen es – mit dem Teufel höchstpersönlich. Hauptthema waren seine Zielvorgaben für das Erzbistum Köln. Die Austrittszahlen dort sind zwar hoch, aber bei weitem nicht ausreichend. Zumal der Kardinal dem Teufel versprochen hatte, dafür zu sorgen, dass alle Katholiken in Köln die Kirche verlassen. Damit gerät der teuflische Plan ins Wanken, die Kirche von innen her zu zerstören.

Das Gespräch mit des „Teufels Kardinal“ ist in der Kölner Stunksitzung 2023 zu sehen, veröffentlicht in der Mediathek des WDR (ab 00:24:44) und auf youtube. Viel Spass!

Den Befürwortern der Frauenweihe wird häufig vorgeworfen, dass dieses Thema nur eine Strukturfrage sei und die Diskussion somit für eine echte Erneuerung der Kirche zu kurz greife. Und den Frauen wird vorgeworfen, dass es ihnen nur um die Macht ginge.

Damit versucht die Kirche, die Frauen dadurch zu diskreditieren, dass sie ihnen soziale Motive (Machtstreben) unterstellt anstelle von religiösen Motiven (Gott dienen). Dies ist ein altbekannter und frauenfeindlicher Versuch, Geschlechterdiskriminierung zu rechtfertigen und aufrecht zu erhalten.

Interessanterweise wird der Vorwurf häufig von denjenigen erhoben, die selbst die Struktur der Kirche ausmachen. Es scheint fast so, als dass sie damit eine zentrale Kategorie ihres eigenen Denkens ungewollt auf die Befürworter der Frauenweihe projizieren, ihre Machtorientierung. Denn Machtfragen sind Strukturfragen und umgekehrt.

Aber sie irren damit sehr. Es geht den Befürwortern der Frauenweihe nicht vorrangig um Macht und Strukturen, sondern um einen zutiefst jesuanisches Motiv: Es geht schlicht um Gerechtigkeit. Gerechtigkeit aber ist keine Strukturfrage. Wer Gerechtigkeit für eine Strukturfrage hält, hat Jesus nicht verstanden.

Jesus unter den Schriftgelehrten, Kacheln, Portugal

Immerhin thematisiert der Vatikan mittlerweile, dass Frauen ihren Ausschluss von der (Priester-) Weihe als ungerecht empfinden. Damit sieht er Diskussions- und Handlungsbedarf, der beispielsweise zu Einräumung von Führungspositionen führt. Doch dieses „Zugeständnis“ beinhaltet zugleich einen paternalistischen Gestus: Die Ungerechtigkeit wird von den Frauen nur empfunden (sie sind ja emotionale Wesen); Männer aber wissen es besser und stellen objektiv (ohne Emotionen) fest: Es gibt sie nicht.

Aber das stimmt nicht. Wer einen Menschen aufgrund eines gruppenbezogenen Merkmals (Geschlecht), nicht aufgrund eines individuellen Merkmals, anders behandelt und dadurch benachteiligt (hier: nicht zur Weihe zulässt), diskriminiert ihn. Dies ist eine Menschenrechtsverletzung; sie wird täglich und systematisch durch die Kirche begangen. Wie in den Zeiten der Sklaverei, die von der Kirche gerechtfertigt und praktiziert wurde.

Die Diskriminierung der Frauen bildet nicht nur für die betroffenen Frauen eine schmerzhafte Gerechtigkeitslücke in unserer Kirche. Solange sie besteht, kann auch die Glaubenskrise nicht geheilt werden, sondern wird sich verstärken. Denn ohne innere Gerechtigkeit fehlt der Kirche das belastbare Fundament, ihre Glaubwürdigkeit. Sie wird das – in vielen Ländern – verlorene Vertrauen nicht zurück gewinnen können. Und in den übrigen Ländern wird sie es – mit zunehmender Bildung – verlieren. An der Frauenfrage, die eigentlich eine Männerfrage ist, wird sich die Zukunft der Kirche entscheiden.

Somit ist jeder Versuch einer Erneuerung durch Evangelisierung auf Sand gebaut. Er ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, die Kräfte sind sinnlos vertan. Denn es fehlt am Evangelium, was „gute Botschaft“ bedeutet. Ungerechtigkeit ist eine schlechte Botschaft, für die betroffenen Frauen angesichts ihrer schmerzhaften Zurückweisung und Diskriminierung möglicherweise eine Schreckensbotschaft.

Wir trauern um Kardinal Joseph Ratzinger und Papst Benedikt XVI., der heute mit 95 Jahren gestorben ist. Er war ein brillant formulierender Theologe, dessen populärwissenschaftliche Werke viele Leser fanden, aber kein guter Papst.

In seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst hat er die Kirche nachhaltig geprägt. Aus dem Elfenbeinturm seiner Gelehrsamkeit hat er sie aber nicht in die Zukunft führen können. Dazu fehlte ihm der positive Realitätsbezug, das Annehmen einer Wirklichkeit im Wandel. Beim Umgang mit Frauen, Homosexuellen und Missbrauchten hat er die Kirche unglaubwürdig gemacht und ihr damit nachhaltig geschadet. Bei den Betroffenen hat er bis heute unglaubliches Leid ausgelöst. Gefangen im Zeitgeist seiner Jugend hat er die Kirche über 30 Jahre lang in eine Sackgasse geführt. Sein grösstes Verdienst als Papst war es, dass er seine eigene Unfähigkeit erkannte, die Kirche mit der heutigen Zeit zu versöhnen, und den Mut aufbrachte, 2013 sein Amt nieder zu legen.

Wie geht es nun weiter? Papst Franziskus hat jetzt mehr Spielraum; ihm wird es beispielsweise leichter fallen, zukünftig ebenfalls sein Amt nieder zu legen. Wenn er einst seinem Nachfolger Platz macht, könnte sich eine der beiden grössten Gefahren für unsere römisch-katholische Kirche realisieren: Ein Pontifikat von Papst Johannes Paul III. oder von Papst Benedikt der XVII. Es möge verhütet werden!

Übrigens ist die Erinnerung an Benedikt XVI. damit verbunden, dass er gerne von „lauen Christen“ sprach. Das sind diejenigen, deren Leben seiner Meinung nach nicht vollkommen auf Christus hin zentriert ist. Da stellt sich die Frage, wann ist ein Christ lau? Ist es nicht eher derjenige, der Frauen diskriminiert und damit die Menschenrechte verletzt. Ist dieser nicht deswegen lau, weil er nur dem Zeitgeist folgt, anstatt die Botschaft Christi konsequent umzusetzen, die die Gleichheit aller Menschen (Gal 3,28) aus der göttlichen Menschenwürde ableitet? Ist nicht derjenige lau, der abweichende Meinungen rigider verfolgt als Missbrauchstäter? Ist er es nicht deswegen, weil er sich hinter Tradition und Macht versteckt, anstatt für christliche Werte zu kämpfen?

Wir verabschieden uns heute von einem wortmächtigen Gelehrten, einem schlechten Papst und einem – nach eigenem Massstab – lauen Christen.

Die zeitgleiche Umweltkonferenz COP27 in Ägypten war wirklich enttäuschend, aber nicht der 6-tägige ad limina-Besuch aller deutschen Bischöfe bis zum 18.11.2022 in Rom. Letzterer war wirklich ein grosser Erfolg. Auch wenn dies teilweise anders gesehen wird. Warum ist das so?

Ad limina-Besuch der Deutschen Bischöfe 2022 im Vatikan

1. Erstmals hat eine wichtige nationale Kirche dem Vatikan vor Ort nahezu geschlossen die Stirn geboten. Sie hat den Vatikan in offener Konfrontation zur Überprüfung – sprich Änderung – seiner Lehre u.a. beim Thema Frauenweihe aufgefordert. Anwesend waren alle über 60 deutschen Bischöfe. Nicht Laien wie Vertreter des Zentralkommittees der deutschen Katholiken oder unbotmässige Priester haben hart mit den höchsten römischen Kirchenvertretern diskutiert. Das ist ein kirchenhistorischer Meilenstein. Offen zu Tage tritt damit auch der römische Machtverlust, nachdem dort bisher dekretiert wurde, die Frauenweihe sei kein Thema, die Debatte darüber sei beendet.

2. Der Synodale Weg in Deutschland geht gegen den Willen des Vatikans weiter. Der Machtkampf mit der deutschen Kirche ging verloren, nachdem die deutschen Bischöfe die Aufforderung von Kardinal Ouellet zur Aussetzung (Moratorium) des Synodalen Weges in Deutschland vehement ablehnten. Damit besteht weiterhin die Chance, mit den Beschlüssen des Synodalen Weges in Deutschland im Frühjahr 2023 den vom Vatikan befürchteten weltkirchlichen „Flächenbrand“ zu erzeugen. Auch andere Nationalkirchen könnten sich ermutigt fühlen, die kirchliche Erneuerung durch tiefgreifende Reformen offen zu fordern. Dazu gehört insbesondere, nun auch für die Frauenweihe einzutreten. Die vatikanische Weltsynode wird dieses Anliegen dann 2023-2024 nicht mehr ignorieren können.

Also: Alles läuft nach Plan. Der Weg zum 1. weiblichen Pontifikat mit seinen 5 Etappen geht weiter. Mit der neuerlichen Zuspitzung der Debatte rückt die nächste Etappe – das Kippen der Tradition – näher. Der Widerstand gegen die römische Autorität, die bisher keinen Widerspruch und keine ungewollte Diskussion dulden musste, ist auf höchster Ebene angekommen und unabweisbar präsent. Das zeigt sich auch in der unüblichen Veröffentlichung zweier Präfekten-Reden, denen man die Klage über den Verlust von Macht und Autorität – mithin einer untergegangenen Zeit – deutlich entnehmen kann. Dies ist nicht nur ein Sieg der Meinungsfreiheit, sondern auch Hoffnungszeichen für zukünftige Geschlechtergerechtigkeit.

„Gottes Wort zu verkünden, hängt nicht vom Geschlecht ab“, schloss ein Priester im Oktober 2022 die Sonntagsmesse in einer grossen Kölner Pfarrkirche. In der katholischen Kirche aber doch. Nach dem geltenden Kirchenrecht dürfen Frauen weder das Evangelium verkünden, noch in der heiligen Messe (Eucharestiefeier) die Predigt (Homilie) halten. Predigtverbote gab es im übrigen schon immer. Im alten Rom waren sie Teil der Christenverfolgung. Aber heute muten sie anachronistisch an. Und behindern, ja sabotieren die Verwirklichung von Gottes Heilsplan, indem – biblisch gesprochen – Talente vergraben werden.

Frauenpredigt

Aber seit einiger Zeit ändert sich das. In vielen deutschsprachigen Bistümern sind Frauenpredigten schon heute kirchenrechtswidrige Normalität und werden auch veröffentlicht. Nun werden sie es auch im konservativen Erzbistum Köln. Hier lassen drohende persönliche Konsequenzen noch immer manchen Priester davor zurück schrecken, den Ambo einer Frau für die Predigt zu überlassen. Dies hat sich bei der Vorbereitung der Aktion „Weil wir es können! Pastoral- und Gemeindereferent:innen im Erzbistum Köln predigen“ der Berufsverbände der Gemeinde- und Pastoralreferent:innen im Erzbistum Köln gezeigt. Trotzdem haben gemäss Angabe der Verbände an den beiden letzten Oktober-Wochenenden in 50 Messen Laien im Erzbistum gepredigt, davon 39 mal Frauen (78 %). Daneben gab es etliche weitere Laienpredigten, die nicht im Rahmen der Aktion angekündigt wurden.

Maria als Priesterin

Wer den Gottesdiensten beigewohnt hat, spürte die Selbstverständlichkeit, mit der hier eine neue Tradition gewachsen ist. Die Frauenpredigt war völlig normal und hatte keine Spur eines Aufbegehrens. Die Gemeinde spendete teilweise den hinweisenden priesterlichen Worten offenen Beifall. Während der Gottesdienste fühlte man sich eher an urchristliche Zeiten erinnert, als das Gemeindeleben von Frauen ebenso wie von Männern entsprechend ihren Berufungen geprägt wurde. Und so gilt heute: Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Frauen predigen. Und demnächst noch mehr…

Vor 60 Jahren wurde am 11. Oktober in Rom das 2. Vatikanische Konzil eröffnet. Es sollte die Kirche in die Gegenwart bringen und ihr damit die Zukunft sichern. Nach anfänglicher Euphorie blieb dies leider ohne Erfolg.

Eröffnung des 2. Vatikanums, Petersplatz in Rom

Frauen waren nicht zugelassen – ausser als Zuhörerinnen in der Endphase. Aber sie haben sich erstmals aktiv und öffentlich gegen ihre Diskriminierung in der katholischen Kirche mit schriftlichen Eingaben gewehrt und die Frauenweihe gefordert.

Sitzung des 2. Vatikanums, Petersdom in Rom

Eine von ihnen war die Theologin Josefa Theresia Münch. Vor der letzten Sitzungsperiode wandte sie sich im Juli 1965 an die deutschsprachigen Bischöfe, die am 2. Vatikanum teilnahmen – ein hellsichtiger Apell, der bis heute ungehört geblieben ist und keines Kommentars bedarf:

Bitte, nehmen Sie die Frauen ernst und für volle Glieder der Kirche, solange es noch Zeit ist, solange sie noch am Gottesdienst teilnehmen! Wenn die Frauen erst einmal die Konsequenz daraus gezogen haben, dass sie in der Kirche dauernd negiert werden, ist es zu spät.

Auch mit 90 Jahren setzt sich die Theologin, Autorin und katholische Priesterin Dr. Ida Raming noch aktiv gegen die Frauendiskriminierung in der katholischen Kirche ein. Am 5. September 2022 hat sie in der Karl-Rahner-Akademie in Köln über ihr ereignisreiches Leben im Kampf für die Frauenweihe berichtet.

Ida Raming (2. von rechts) am 5.9.2022 in der Karl-Rahner-Akademie Köln

Zusammen mit der Vertreterin von Maria 2.0 Rheinland, Maria Mesrian, und Dr. Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie und Philosophische Anthropologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., wurde über die Fragwürdigkeit der kirchlichen Argumente gegen die Frauenweihe ebenso diskutiert wie über ein neues Priesterbild. Die Veranstaltung war zugleich eine Hommage an das 20-jährige Priesterjubiläum der Donau Sieben.

Ida Raming erläutert ihre Priesterweihe contra legem

Ida Raming konnte dabei mit einem spannenden Bericht über ihren mutigen Akt des Ungehorsams beeindrucken, als sie sich 2002 zusammen mit 6 anderen Frauen, den Donau Sieben, kirchenrechtswidrig zu katholischen Priesterin weihen liess. Ihre Mitwirkung am 2. Vatikanischen Konzil in den 60er Jahren als junge Theologiestudentin durch schriftliche Eingaben und Gespräche u.a. mit Josef Ratzinger als Theologieprofessor in Münster bezeugten ihr lebenslanges Engagement für Gerechtigkeit in der katholischen Kirche.

Heute vor 20 Jahren wurden 7 Frauen auf der Donau zu römisch-katholischen Priesterinnen geweiht. Als „Donau Sieben“ wurden sie damals weltberühmt. Der Vatikan hat ihre kirchenrechtswidrige Weihe nicht anerkannt und sie exkommuniziert.

Seitdem wurden weitere Frauen zu römisch-katholischen Priesterinnen geweiht, nach 20 Jahren etwa 300 weltweit. Etwa 20 dieser Priesterinnen wurden zu Bischöfinnen geweiht. Sie haben sich weltweit in der Organisation Roman Catholic Women Priests (RCWP) zusammengeschlossen.

Sie alle folgen dem Leitspruch der Bibel „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29), der auch das Grab des Kardinals von Galen in Münster ziert.

Mittlerweile gibt es viele ermutigende Zeichen, dass sich die Zeit der Diskriminierung der Frauen in unserer Kirche durch ihren Ausschluss vom Priesteramt dem Ende zuneigt. Der Synodale Weg in Deutschland, der die gesamte Breite des Kirchenvolkes repräsentiert, sendet dazu eindeutige Signale. Gleiches gilt für das weltweite Interesse an seinen Ergebnissen, das vom Vatikan weitgehend ignoriert wird. Dies zeigt u.a. die grosse Nachfrage nach seinen Dokumenten, die auch in englisch vorliegen, z.T. in italienisch und spanisch.

Vielleicht stimmt es wirklich, dass Papst Franziskus mit dem Einberufen der Weltsynode die „Reset-Taste“ gedrückt hat, wie dies die Kirchenrechtlerin und Beraterin des weltweiten synodalen Prozesses, Myriam Wijlens, sieht.

Wie auch immer, wir danken den Pionierinnen des Frauenpriestertums für ihren grossen Mut vor 20 Jahren und wünschen ihnen noch viele gute Jahre – in vatikanischer Sprache: ad multos annos!

Die Römische Inquisition war fester Bestandteil kirchlicher Machtausübung vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit. Mit den Inquisitionsverfahren verfolgte und bestrafte die katholische Kirche diejenigen, deren Meinung von der offiziellen Lehrmeinung abwich.

Folter und Todesstrafe wurden im Laufe der Zeit abgeschafft. Die Strafen wurden moderater. Ab dem 19. Jahrhundert besass die Römische Inquisition keine Exekutivmittel mehr und war auf die Macht des Wortes beschränkt.

Jeanne d’Arc in Ketten bei ihrer Befragung im Inquisitionsverfahren, bevor sie 1431 mit dem Tode auf dem Scheiterhaufen bestraft wurde, Gemälde von Paul Delaroche, 1824

Aber in Form der Kongregation für die Glaubenslehre, die 1965 nach dem II. Vaticanum gebildet wurde, übt sie immer noch Macht über „Andersgläubige“ aus. So wurden u.a. den Theologieprofessoren Hans Küng, Eugen Drewermann, Uta Ranke-Heinemann und Hubertus Mynarek die Missio canonica, die Lerherlaubnis entzogen. Die Donau Sieben, die sich kirchenrechtswidrig zu Priesterinnen weihen liessen, wurden 2002 vom Vatikan durch Kardinal Ratzinger exkommuniziert.

Aber nicht nur in Rom, sondern auch in deutschen Bistümern ist der Geist der Inquisition auch im 21. Jahrhundert noch lebendig. Dies führt immer wieder zu kirchlichen Repressionen, die die freie Meinungsäusserung zu unterdrücken trachten.

  • 2002 erschien zur Weihe der Donau Sieben das Buch Wir sind Priesterinnen von Werner Ertel und Gisela Forster (Hg.). Gegen das Buch erwirkte das Erzbischöfliche Ordinariat der Erzdiözese von München und Freising am 26. Juli 2002 beim Landgericht München 1 eine Einstweilige Verfügung. Sie verbat die Behauptung, „Ende Juni 2002 seien Frauen von römisch-katholischen Bischöfen zu Priesterinnen geweiht worden“. Darauf hat der Patmos Verlag den Vertrieb des Buches eingestellt und die verbleibende Auflage vernichtet.
  • 2012 erschien das Buch Unser Pfarrer ist eine Frau von Lea Ackermann und Helga Unger (Hg.) im Herder Verlag. Es wurde kurz nach seinem Erscheinen vom Verlag zurückgenommen und nicht weiter vertrieben, vermutlich infolge einer kirchlichen Intervention. Restexemplare wurden von der internationalen Frauenhilfsorganisation SOLWODI aufgekauft.
  • 2018 war der Theologe und Jesuit Ansgar Wucherpfennig für eine 3. Amtszeit als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt wiedergewählt worden. Der Vatikan verweigerte Wucherpfennig, der sich kritisch zum Umgang der Kirche mit Frauen und Homosexuellen geäussert hatte, zunächst die Zustimmung, das nihil obstat. Aber Wucherpfennig hatte „mehr Glück als andere“ – nach massiver öffentlicher Kritik wurde die Zustimmung erteilt (s.a. Lüdecke, Der Fall Wucherpfennig).
  • 2020 schaltete das Generalvikariat des Erzbistums Köln die Homepage der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Köln ab. Anlass war ein Positionspapier der KHG von 2019, das u.a. die Einführung der Frauenweihe und die Anerkennung homosexueller Beziehungen befürwortete. Trotz einer online-Petition gegen die Zensur wurde das Papier nach Neustart der Homepage nicht mehr veröffentlicht, anders als auf der Homepage der Evangelische Studierenden Gemeinde Köln, die sich mit der KHG solidarisch erklärte. Aufgrund der vielfältigen Proteste – auch aus der Kirche selbst – gegen eine Kirche der Angst unterblieben aber die angedrohten arbeitsrechtlichen Schritte gegen die verantwortlichen Mitarbeiter.

Die Wirkung solcher Massnahmen ist massiv, wie folgendes Beispiel zeigt. In dem Buch „Weil Gott es so will“, das Philippa Rath 2021 herausgegeben hat, berichten 150 Frauen über ihre jeweiligen Berufungen in der Kirche. Davon werden 26 Beiträge anonym veröffentlicht. 17,3 % der Frauen (jede 6. Frau) leben in Angst vor Nachteilen für ihr Berufsleben durch die Amtskirche, wenn sie sich frei äussern – noch heute!

Gibt es die Inquisition noch?