Rom, 12.10.2024: Während der Weltsynode berät Päpstin Martha I. mit 7 Bischöfinnen darüber, ob Männer weiterhin vom Priesteramt ausgeschlossen bleiben sollen. Das Männerthema dominiert zunehmend die innerkirchliche Diskussion und lässt sich trotz Hinweis auf die katholische Tradition nicht mehr aussitzen.
1994 hatte Päpstin Johanna Paula II. in einer wegweisenden Enzyklika klar gestellt, dass die «Kirche endgültig nicht befugt» sei, Männer zu Priestern zu weihen (Ordinatio sacerdotalis, Nr. 4). Päpstin Franziska I. hatte 2020 den Männer-Ausschluss in einem apostolischen Schreiben bestätigt. In dem Kapitel „Die Kraft und die Gabe der Männer“ befasst sie sich eingehend mit dem anderen Geschlecht. Sie begründet den Männer-Ausschluss damit, dass ihre Zulassung zur Weihe «auf eine Klerikalisierung der Männer» hinauslaufe; die Folge wäre eine «Verarmung ihres Beitrages», was es zu vermeiden gelte (Querida Amazonia Nr. 100).
Verfolgen Sie die aktuelle Diskussion während der Weltsynode 2024 in Rom in der Aufzeichnung der VATICANELLE-Aufführung : > vollständiges Video (39 Minuten)
Gestern wurden 6 Frauen auf dem Tiber in Rom zu Diakoninnen und zu Priesterinnen ordiniert. Parallel zur Weltbischofssynode fand eine feierliche und fröhliche Weihezeremonie statt, die einen offenen Affront gegenüber der Amtskirche darstellte.
Die im Vorfeld von der Association of Roman Catholic Woman Priest (ARCWP) angekündigte Frauenweihe (s. Presseerklärung) wurde von TV-Stationen mehrer Länder aufgezeichnet. Der etwa 2-stündige Gottesdienst auf dem Tiber-Boot erfolgte in derselben Form wie für männliche Weihekandidaten, also einschliesslich Prostration (Niederlegen der Kandidatinnen); lediglich auf das Versprechen des Gehorsams gegenüber dem Bischof wurde verzichtet. Die Zeremonie fand mit Simultanübersetzung in den Sprachen der Geweihten statt: Englisch, Französisch und Spanisch.
Die Weihe der Frauen gilt gemäss dem Recht der römisch-katholischen Kirche als „Simulation“ und führt für die Geweihten und die Weihenden zur Exkommunikation. Sie wird von der Kirche nicht anerkannt. Die Frauen sowie einige Theologinnen und Theologen halten sie in der Tradition der Donau Sieben für gültig, aber unerlaubt (valide, sed illicite).
Nach der Weihe waren strahlende Geischte der neu geweihten Frauen zu sehen. Sie können nun das tun, wozu sie sich von Gott berufen sehen: Als Diakonninnen und Priesterinnen in der katholischen Kirche wirken. „Ich habe die Kirche der Zukunft gesehen“, meinte ein Besucher – eine Kirche ohne Frauendiskriminierung in universaler Pluralität.
Der Theologe Thomas Söding schreibt während der Bischofssynode 2024 in Rom einen Synodenblog für das Zentralkommitee der deutschen Katholiken (ZdK). Unter „Synode mit Söding“ (SMS) schrieb er zum 12. Tag am 13.10.24 über ein Ereignis auf dem Petersplatz: „Eine Person, die sich weigerte, den Ausweis herzugeben, haben sie in Handschellen abgeführt.“ Man reibt sich die Augen. Behandelt der Vatikan Demonstrierende, die sich nicht ausweisen, wie Schwerkriminelle? Nach Recherchen in Rom ergibt sich folgendes:
Delegierte der internationalen Reformorganisation We Are Church hatten am selbigen Tag mit einem grossen Banner für „EQUALITY“ in der Kirche geworben. Dies geschah während der Ansprache des Papstes auf dem vollen Petersplatz. Auch viele andere Organisationen hatten grosse Banner gezeigt, in etwa 10 m Entfernung beispielsweise für „L´IMMACOLATA VINCERA“ (Jungfräulichkeit wird siegen). Dies ist auf der Übertragung des Angelus vom 13.10.24 deutlich zu sehen.
Nur wenige Minuten danach trat die italienische Polizei auf den Plan, die nicht als solche erkennbar war. Sie forderte die Bannerträger zur Absenkung auf. Das geschah sofort, das Banner wurde eingefaltet und war nicht mehr sichtbar. Trotzdem wurde das Banner vorübergehend konfisziert und die Bannerträger zur Identifizierung aufgefordert. Wie man aus der italienischen Polizei hört, möchte der Vatikanstaat – anders als der liberalere italienische Staat gleich nebenan – der Personendaten aller Demonstranten habhaft haben, deren Meinung nicht willkommen ist. Alle anderen Banner auf dem Petersplatz und ihre Träger blieben unbehelligt und waren während der Papstworte weiter zu sehen.
Nach der Untersagung der Demonstration eskalierte die italienische Polizei nun die Situation auf dem Petersplatz. Er ist zwar vatikanisches Staatsgebiet, wird aber im Auftrag des Vatikan durch die italienische Polizei gesichert. Einer der Bannerträger verweigerte die Herausgabe des Personalausweises, weil er ihn gar nicht bei sich hatte. Nach einem kurzen Wortwechsel wurden ihm plötzlich und ohne Vorwarnung Handschellen auf dem Rücken angelegt; er wurde zur nahe gelegenen Vatikanwache der italienischen Polizei abgeführt. Eine Besucherin des Angelus-Gebetes wollte diese italienisch-vatikanische Polizeigewalt fotografieren; es war die Frau des Mannes, der gerade weggeführt wurde. Daraufhin wurde sie völlig überraschend ohne Ansprache oder Vorwarnung ebenfalls mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt und zur Vatikanwache abgeführt. Wie sich später zeigte, sollen mit solchen Gewaltmassnahmen Fotografien von Polizeieinsätzen auf dem Petersplatz beseitigt werden können.
4 Stunden nach dieser völlig unverhältnismässige Anwendung von Polizeigewalt kamen beide wieder frei, aber erst nachdem sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung (Fotos, Abdrücke aller Finger) zugestimmt hatten. Beide haben eine Strafanzeige wegen Resistanza (Widerstand gegen die Staatsgewalt) zu erwarten, was angesichts der Geschehnisse absurd ist. Die Fotografien der Frau, die sie von der Demonstration und ihrer Auflösung gemacht hatte, mussten gelöscht werden; Fotos der Fesselung waren bei ihr nicht vorhanden.
Was hat das mit der Synode zu tun? Papst Franziskus brüstet sich damit, mit der Weltsynode ein neues Kapitel in der katholischen Kirche aufzuschlagen. Als drei wesentliche Fähigkeiten nannte er „begegnen, zuhören und unterscheiden“. Die Offenheit beim Sprechen und Zuhören soll zukünftig zur neuen Kirchenkultur gehören.
Auf dem Petersplatz wird diese Offenheit wie folgt umgesetzt: Der Sicherheitsdienst des Vatikan überwacht den Platz flächendeckend mit Kameras. Sind darauf Banner zu sehen, die dem Vatikan nicht genehm sind, werden sie zensiert. Dazu erhalten die auf dem Petersplatz anwesenden Beamten der italienischen Polizei über Sprechgeräte Anweisung, diese Banner abnehmen zu lassen. Damit wird gewährleistet, dass innerhalb von wenigen Minuten, mitunter Sekunden, missliebige Äusserungen von Kirchenangehörigen nicht mehr sichtbar sind, notfalls durchgesetzt mit Zwangsmitteln. Auffallend dabei ist: Meinungsäusserungen von Fundamentalisten scheinen erwünscht zu sein, die Meinungsfreiheit von Reformern wird eingeschränkt. Zensur oder Maulkorb wären treffende Bezeichnungen; man denkt an die Inquisition. Diese Unterdrückung von Meinungsfreiheit ist nicht neu; sie wird schon lange praktiziert, wie Klagen von Betroffenen seit den 90er Jahren zeigen.
Zweifel an der Aufrichtigkeit des Vatikans im Hinblick auf die freie Meinungsäusserung bestehen schon länger. So wurde der Wunsch etlicher Synoden-Teilnehmer sowie vieler Verbände (z.B. in einem Offenen Brief an den Papst) abgeblockt, über das mittlerweile in der ganzen katholischen Welt (nicht nur in Europa, wie die Kirche behauptet) virulente Thema des Frauenpriestertums auf der Synode zu sprechen. Und im Vorfeld des nun laufenden letzten Abschnitts wurde sogar das bisher auf der Synode besprochene Thema Frauendiakonat ausgeklammert – ein klarer Rückschritt.
Und so stellen sich am Ende viele Fragen: Ist das Propagieren einer neuen Offenheit wie dem synodalen „Zuhören“ aufrichtig gemeint? Oder wird Meinungsfreiheit in der Kirche noch immer nur im Rahmen der kirchlichen Lehre gewährleistet? Ist Gewaltanwendung gegen Kirchenmitglieder immer noch Teil kirchlicher Machtausübung? Fremdelt der Vatikan immer noch mit den Menschenrechten, die er erst 1963 in der Enzyklika pacem in terris widerwillig anerkannte? Entfernt sich die offizielle Kirche so nicht immer weiter von ihrem Kirchenvolk?
L’Associazione Internazionale delle Donne Sacerdote Cattoliche Romane (ARCWP) ordina donne sacerdote e diacono da Spagna, Francia e Stati Uniti in una storica ordinazione il 17 ottobre 2024 a Roma, per promuovere la parità di genere nel ministero ordinato in una Chiesa per tutti.
Mentre il Vaticano ha rimosso una decisione sull’ordinazione delle donne diacono dall’agenda del Sinodo sulla sinodalità dell’ottobre 2024, noi veniamo a Roma per ordinare tre donne sacerdote – Belen Repiso Carrillo dalla Spagna, Anne La Tour e Mary Katherine Daniels dagli Stati Uniti – e tre donne diacono – Loan Rocher dalla Francia e Maria Teresa Ribeiro Rosa e Txus Garcia Pascual dalla Spagna – il 17 ottobre 2024.
Veniamo a Roma per dare speranza ai cattolici di tutto il mondo che le donne sacerdote e diacono sono ora disponibili a servire una rinnovata, emergente Chiesa di uguali.
Chiediamo a Papa Francesco di impegnarsi in una “conversazione nello Spirito” e di rimuovere tutte le barriere che escludono coloro che rispondono alla chiamata dello Spirito all’ordinazione.
Nel 2002, le donne sono state ordinate sacerdote per la prima volta sul Danubio. Sette coraggiose donne provenienti da Austria, America e Germania sono state ordinate sacerdote da diversi vescovi su una nave (“Danube Seven”). Queste ordinazioni sono valide, in quanto in piena successione apostolica, anche se dovevano essere non autorizzate (contra legem, vedi canone 1024 CIC).
Dal 2002, il movimento internazionale delle donne sacerdote cattoliche vive la sua vocazione in obbedienza profetica allo Spirito Santo, ordinando donne come diaconi, sacerdoti e vescovi. Esse devono promuovere la piena uguaglianza di tutti coloro che sono chiamati ai ministeri ordinati. Le donne sacerdote servono comunità inclusive di uguali in cui tutti, compresi i divorziati, i risposati e le persone LGBTQ+, sono invitati a ricevere i sacramenti. Più di 270 donne in 14 Paesi sono state ordinate in questo movimento mondiale. La consacrazione del 17 ottobre 2024 a Roma fa parte di questa tradizione.
A causa dello spazio limitato nella nostra sede, i rappresentanti dei media devono registrarsi e ricevere una conferma per poter assistere alla cerimonia. È possibile organizzare interviste con gli ordinandi prima o dopo l’ordinazione. Per fissare un appuntamento, si prega di consultare le informazioni di contatto qui sotto.
Abbiamo in programma una conferenza stampa a Roma nella prima serata dopo le ordinazioni. Il luogo verrà comunicato.
Persone di contatto
Spagnolo e francese: Christina Moreira, ARCWP, galilea.luz@gmail.com, +34676817226
Spagnolo e francese: Christina Moreira, ARCWP, galilea.luz@gmail.com, +34676817226
Inglese e accredito stampa: Bridget Mary Meehan, ARCWP, bmm.arcwp@gmail.com, +703-505-0004
Tedesco e accredito stampa: Stephan Rohn, Frauenweihe. Jetzt., stephan.rohn@web.de
Die Association of Roman Catholic Women Priests (ARCWP) veröffentlichte heute folgende deutschsprachige Presseerklärung (download):
Die internationale Vereinigung römisch-katholischer Priesterinnen (ARCWP) weiht Priesterinnen und Diakoninnen aus Spanien, Frankreich und den USA in einer historischen Weihe am 17. Oktober 2024 in Rom, um die Gleichstellung der Geschlechter im Weiheamt in einer Kirche für alle zu fördern
Während der Vatikan eine Entscheidung über die Weihe von Diakoninnen von der Tagesordnung der Synode über die Synodalität im Oktober 2024 gestrichen hat, kommen wir nach Rom, um drei Priesterinnen zu weihen – Belen Repiso Carrillo aus Spanien, Anne La Tour und Mary Katherine Daniels aus den Vereinigten Staaten – sowie drei Diakoninnen – Loan Rocher aus Frankreich und Maria Teresa Ribeiro Rosa und Txus Garcia Pascual aus Spanien – am 17. Oktober 2024.
Wir kommen nach Rom, um den Katholiken auf der ganzen Welt die Hoffnung zu geben, dass Frauen als Priesterinnen und Diakoninnen jetzt zur Verfügung stehen, um einer erneuerten, entstehenden Kirche der Gleichen zu dienen.
Wir bitten Papst Franziskus, sich auf ein „Gespräch im Geist“ einzulassen und alle Hindernisse zu beseitigen, die diejenigen ausschließen, die dem Ruf des Geistes zur Weihe folgen.
2002 erfolgten auf der Donau erstmals Ordinationen von Frauen zu Priesterinnen. Sieben mutige Frauen aus Österreich, Amerika und Deutschland wurden von mehren Bischöfen auf einem Schiff zu Priesterinnen geweiht („Danube Seven“). Diese Weihen sind gültig, da sie in voller apostolischer Sukzession stehen, obwohl sie unerlaubt (contra legem, s. canon1024 CIC) erfolgen mussten.
Seit 2002 lebt die internationale römisch-katholische Priesterinnenbewegung ihre Berufung im prophetischen Gehorsam gegenüber dem Heiligen Geist, indem sie Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen weiht. Sie sollen die volle Gleichberechtigung aller, die zu den geweihten Ämtern berufen sind, fördern. Priesterinnen dienen inklusiven Gemeinschaften von Gleichen, in denen alle, auch Geschiedene, Wiederverheiratete und LGBTQ+-Personen, zum Sakramentenempfang eingeladen sind. Mehr als 270 Frauen in 14 Ländern sind in dieser weltweiten Bewegung geweiht worden. In dieser Tradition steht die Weihe am 17. Oktober 2024 in Rom.
Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse an unserem Veranstaltungsort müssen sich die Medienvertreter anmelden und eine Bestätigung erhalten, um an der Zeremonie teilnehmen zu können. Interviews mit den Ordinanden können vor oder nach der Ordination vereinbart werden. Zur Vereinbarung von Terminen finden Sie untenstehende Kontaktinformationen.
Wir planen eine Pressekonferenz in Rom am frühen Abend nach den Weihen. Der Ort wird noch bekannt gegeben.
Ansprechpartner
Spanisch und Französisch: Christina Moreira, galilea.luz@gmail.com, +34676817226
Englisch und Presseakkreditierung: Bridget Mary Meehan, bmm.arcwp@gmail.com, +703-505-0004
Deutsch: Stephan Rohn, stephan.rohn@web.de
13 katholische Orgranisationen und Initiativen haben einen Offenen Brief an den Papst zur Bischofssynode 2024 veröffentlicht:
OFFENER BRIEF an Papst Franziskus zur Weltbischofsynode 2024: Frauenpriestertum auf der Bischofssynode thematisieren
OPEN LETTER to Pope Francis for the World Synod of Bishops 2024: addressing women’s priesthood at the World Synod
LETTERA APERTA a Papa Francesco sul Sinodo universale dei vescovi 2024: affrontare il sacerdozio femminile al Sinodo universale
CARTA ABIERTA al Papa Francisco para el Sínodo de los Obispos de 2024: abordar el sacerdocio femenino en el Sínodo Mundial
LETTRE OUVERTE au pape François pour le Synode mondial des évêques 2024: thématiser le sacerdoce féminin au Synode mondial
Der Offene Brief wurde Papst Franziskus mit folgendem Anschreiben übermittelt:
Lieber Bruder Franziskus,
Im Namen aller Unterzeichnerinnen und Unterzeichner übermitteln wir Ihnen den beigefügten offenen Brief. Wir bitten Sie, auf der nächsten Bischofssynode im Oktober 2024 in Rom offen über das Für und Wider der Frauenordination diskutieren zu lassen.
Auf der letzten Bischofssynode im Oktober 2023 wurde das Thema Frauenordination zum ersten Mal offen angesprochen und im Schlussdokument ausdrücklich erwähnt. Wir begrüßen und anerkennen dies als bedeutenden Fortschritt. Allerdings war die Diskussion auf den Diakonat beschränkt. Das können und wollen wir nicht akzeptieren. Wir halten dies für eine Einschränkung, die dem Glaubensverständnis der großen Mehrheit der Katholiken in Europa nicht Rechnung trägt.
Deshalb fordern 13 katholische Organisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die eine große Zahl von katholischen Laien, Ordensleuten und Klerikern vertreten, dass sich unsere Kirche der Debatte über die Frauenordination nicht länger verschließt. Die Zeit ist reif. Bitte stoßen Sie die offizielle kirchliche Debatte an – auf der Bischofssynode 2024 in Rom!
Hochachtungsvoll in Christus verbunden
Sr. Susanne Schneider, München, Missionarin Christi, Sprecherin «OrdensFrauen für MenschenWürde»
Herbert Bartl, Brunn/Österreich, Sprecher «Priester ohne Amt»
Helmut Schüller, Wien, Obmann «Pfarrerinitiative“ Österreich
Harald Niederhuber, Wien, Vorsitzender «Die Laieninitiative»
Dr. Martha Heizer, Absam/Österreich, Vorsitzende «Wir sind Kirche» Österreich
Claus Geißendörfer, London, Implementation Team «Spirit Unbounded»
Dr. Odilo Noti, Zürich, Präsident der «Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche
Max Stetter, Augsburg, Pfarrer i.R., Sprecher «Pfarrer-Initiative Deutschland»
Das lange erwartete Schreiben des Vatikan zur Menschenwürde ist am 2.4.2024 erschienen: Dignitas infinita, die unendliche Menschenwürde. Aber die Überschrift täuscht, die Menschenwürde des Vatikan ist begrenzt und endlich, also finita. Das gilt vor allem für die Frauen. Wir werfen einen Blick auf das zugrunde liegende Frauenbild des Vatikan.
Biblische Irritationen
Zu Beginn von Dignitatis infinita heisst es: „Jesus hat kulturelle und kultische Schranken niedergerissen und … denjenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen, ihre Würde zurückgegeben: den Zöllnern (vgl. Mt9,10-11), den Frauen (vgl. Joh 4,1-42), … den Aussätzigen (vgl. Mt 8,2-3), den Kranken (vgl. Mk 1,29-34)“ (DI Nr. 12, kursiv vom Autor). Die Einreihung der Frauen, also der Hälfte der Gesellschaft, in diese Aufzählung verwundert. Für den Vatikan stehen also Frauen „am Rande der Gesellschaft“. Auch Maria wäre also Angehörige einer Randgruppe gewesen. So sehen es zumindest der oberste Glaubenshüter und Autor des Schreibens, Kardinal Victor Manuel Fernandez, sowie Papst Franziskus, der dieses Schreiben ausdrücklich gebilligt hat.
Angesichts des Verweises auf die Bibel (Joh 4,1-42) könnte man meinen, dass der Vatikan damit nur die Sicht der Bibel auf die damalige, defizitäre Stellung der Frau in der Gesellschaft wiedergibt. Aber diese Sicht gibt die Bibel gar nicht her: In der zitierten Bibelstelle führt Jesus am Brunnen ein Gespräch mit einer Samariterin. Aber diese steht nicht am Rande der Gesellschaft, sondern vielmehr in deren Mitte. Denn das Volk der Samariter glaubte ihr, als sie ihre Christus-Erscheinung schilderte. Sie nahmen ihre Worte ernst: „Es glaubten aber an Christus viele … aus dieser Stadt um des Wortes der Frau willen (Joh 4,39)… Und sie sprachen zu der Frau: Nun glauben wir nicht mehr um deiner Rede willen; denn wir haben selber gehört und erkannt: Dieser ist wahrlich der Welt Heiland (Joh 4,42, kursiv vom Autor)“. Die Bibel war hinsichtlich der Stellung der Frau offensichtlich weiter, als es der Vatikan heute ist. Dort werden Frauen heute noch – anders als in der Bibel – ausdrücklich zu einer Randgruppe gezählt. Angesichts soviel Weltfremdheit und Gestrigkeit der beiden älteren argentischen Autoren reibt man sich die Augen. Man fragt sich, wer gehört denn hier zu einer Randgruppe? Und warum errichtet der Vatikan die „kulturellen und kultischen Schranken“ wieder, die Jesus eingerissen hat, indem er Frauen heute wieder zu einer Randgruppe zählt und damit macht?
Vatikanische Frauenwürde – mehr Schein als Sein
Das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit im heutigen gesellschaftlichen Umgang mit Frauen wird in Dignitatis infinita zu Recht kritisiert – u.a. mit einem Zitat von Papst Franziskus: „Die Gesellschaften auf der ganzen Erde [sind] noch lange nicht so organisiert, dass sie klar widerspiegeln, dass die Frauen genau die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben wie die Männer.“ (DI Nr. 44) Stimmt, aber leider ist auch diejenige Gesellschaft, die sich römisch-katholische Kirche nennt, noch nicht so organisiert, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer. Dies zeigt der Ausschluss der Frauen vom Weiheamt. Damit sind sie von wichtigen seelsorgerischen Tätigkeiten ebenso ausgeschlossen wie von zentralen Führungspositionen der Kirche. Der Selbstwiderspruch im Text ist so deutlich, dass er fast peinlich wirkt; er dürfte für viele Menschen die Glaubwürdigkeit der Kirche noch weiter ruinieren.
Der zitierte Papst Franziskus führt weiter aus: „Mit Worten behauptet man bestimmte Dinge, aber die Entscheidungen und die Wirklichkeit schreien eine andere Botschaft heraus“ (DI Nr. 44). In der Tat, die römische Wirklichkeit schreit eine andere Botschaft heraus mit der andauernden Diskriminierung der Frauen als die Worte von Dignitatis infinita. Sie lassen jegliche Selbstkritik vermissen. Andere für das zu kritisieren, was man selbst tut, das ist – zurückhaltend ausgedrückt – unehrlich. Manche nennen es auch Heuchelei.
Menschenwürde nur als Mutter
In dem zweifelhaften Versuch, die erst 1963 von Papst Johannes XXIII. in Pacem in terris anerkannten Menschenrechte auf Basis der Menschenwürde als kirchliche Errungenschaft und Tradition darzustellen, wird nun auch Papst Johannes Paul II. zitiert: „Es ist sicher noch viel zu tun, damit das Dasein als Frau und Mutter keine Diskriminierung beinhaltet.“ (DI Nr. 45). Spätestens mit dem deutlichen Hendiadyoin „Frau und Mutter“ (altgriechisch ἓν διὰ δυοῖν für ‚eins durch zwei‘) wird klar: Die Menschenwürde der Frau ist nicht unendlich, sondern hat Grenzen. Ihr Fokus liegt auf der Frau als Mutter. Der Einsatz gegen Diskriminierung gilt den Müttern, nicht Frauen in anderen Rollen. Damit wird die kirchliche Erwartung an die Lebenswegentscheidung der Frau deutlich. Sie baut Druck zur Mutterschaft auf. Damit wird ihre Freiheit als Teil der Menschenwürde nicht respektiert, sondern missachtet. Das 30 Jahre alte Zitat ist zugleich ein Schlag gegen alle Ordensfrauen, die für ihren Dienst in der Kirche auf die Mutterschaft verzichten.
Die Fortsetzung des päpstlichen Zitats bestätigt diese Annahme: „Es ist dringend geboten, überall die tatsächliche Gleichheit der Rechte der menschlichen Person zu erreichen, und das heißt gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Schutz der berufstätigen Mutter, gerechtes Vorankommen in der Berufslaufbahn, Gleichheit der Eheleute im Familienrecht und die Anerkennung von allem, was mit den Rechten und Pflichten des Staatsbürgers in einer Demokratie zusammenhängt“ (DI Nr. 45). Warum fehlt hier der Schutz der berufstätigen Frauen, die nicht Mütter sind? Warum werden Frauen ungleich behandelt?
Das anschliessende Verdikt von Fernandez „Ungleichheiten in diesen Bereichen sind verschiedene Formen von Gewalt“ (DI Nr. 45) ist zutreffend und stark. Aber es fällt auf die Kirche selbst zurück. Sie selbst übt mit der Ungleichheit von Frau und Mutter eine Form von Gewalt gegen Frauen aus, nämlich strukturelle Gewalt.
Fazit
Die Liste der Kritikpunkte an Dignitatis Infinita liesse sich vermehren – beispielsweise hinsichtlich der Kritik an der Leihmutterschaft (war Maria nicht selbst die Leihmutter Gottes?) und am Schwangerschaftsabbruch. Aber hier soll es nur um das Frauenbild des Vatikans im Jahr 2024 gehen, das hinter dem neuen römischen Dokument über die Menschenwürde steht.
Das Frauenbild kommt subtil, aber letztlich deutlich zum Ausdruck: Es ist ein rückwartsgewandtes Frauenbild, das der Schöpfung zuwiderläuft. Insbesondere der Rekurs auf Papst Johannes Paul II. zeigt, dass es leider keine Entwicklung zu einer Öffnung gibt. Die Rechtfertigung der eigenen, Frauen diskriminierenden Tradition steht über den christlichen Werten. Selbstkritik bleibt aus.
Auffallend – vielleicht sogar entlarvend – ist das Schweigen beim Bemühen, die eigene fortschrittliche Tradition nachzuweisen: Der wichtigste Papst auf dem Weg zur kirchlichen Anerkennung von Menschenwürde und Menschenrechten, Papst Johannes XXIII., wird anders als seine Nachfolger nicht zitiert. Letztere sind mit frauenfeindlichen Äusserungen aufgefallen; hingegen hat Johannes XXIII. die Menschenrechte gegen innerkirchliche Widerstände anerkannt und gleiche Rechte für Frauen gefordert, nicht nur in der Ehe, sondern auch im geistlichen Leben (Raming, Rohn: Ordinatio Sacerdotalis – ein frauenfeindliches und fehlerhaftes Lehrschreiben von Papst Johannes Paul II., in: Imprimatur, Heft 4.2022 ).
Was Menschenwürde und -rechte der Frauen angeht, bleibt es in Dignitas Infinita bei leeren Worten. Ihr immanenter Selbstwiderspruch wird vor allem anti-evangelisierend wirken: Weiterhin dürften sich mehr und mehr Christinnen und Christen von der Kirche abwenden. Die Kirche, deren Vertrauen durch den Missbrauchsskandel stark gelitten hat, wird zunehmend nicht mehr ernst genommen. Damit verliert sie nicht nur an Mitgliedern, sondern auch ihre – gerade in diesen Zeiten – so wichtige christliche Prägekraft für die Zukunft unserer verwundeten Erde.
Am 21.2.2024 wurde auf der Social Media Plattform X (Twitter) folgendes Bild von einem Nutzer veröffentlicht; die Presse hat mehrfach darüber berichtet, u.a. Die Zeit (Nr. 13 vom 21.3.2024):
Es ist ein durch allgemeine künstliche Intelligenz (general artificial intelligence, kurz GAI) erstelltes Bild. Der neue Chatbot Google Gemini hat es auf die Aufforderung hin „Schaffe ein Bild eines Papstes“ als eines von 2 Papst-Bildern geschaffen.
Interessant daran ist: Es gab keine Festlegung des Geschlechts oder gar die Anforderung an den Chatbot, ein Bild einer Päpstin zu schaffen. Trotzdem entschied sich die künstliche Intelligenz dafür, dem Papst auf einem fiktiven Bild eindeutig ein weibliches Geschlecht zuzusprechen. Wir wissen: Der Chatbot kennt das menschliche Glauben und Denken, jedenfalls einen grossen Ausschnitt daraus; der Ausschnitt ist um ein Vielfaches grösser ist als derjenige eines einzelnen Menschen am Gesamtwissen der Menscheit. Schliesslich wurde der Chatbot mit riesigen Datenmengen trainiert.
Das führt zwangsläufig zu der Frage: Ist das Bild damit auch ein Ausdruck des aktuellen Sensus fideider Gläubigen? Ist es der Ausdruck des unverfälschten, wahren Glaubenssinns, wonach „jede Form einer Diskriminierung wegen des Geschlechts Gottes Plan widerspricht“, wie es in der Pastoralkonstitution von Papst Paul VI. Gaudium et spes (GS Nr. 29) von 1965 heisst? Ein Glaubenssinn, der heute in vielen Ländern alltäglich ist und sich in der Frage des Kommunionkindes äussert, „Warum kann eine Frau nicht Papst werden?“. Müssen wir leider zum wiederholten Male konstatieren, dass die katholische Kirche nicht nur einzelne Gruppen diskriminiert, sondern den gewandelten Glaubenssinn allgemein missachtet und – durch Ignorieren – unterdrückt?
Während es bei der Frauenweihe zur Diakonin Bewegung gibt, ist die Weihe zur Priesterin in der offiziellen römisch-katholischen Kirche immer noch undenkbar. Sie ist geradezu ein Tabu-Thema. Papst Johannes Paul II. befand 1994, dass die Kirche “keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden”; alle Gläubigen der Kirche hätten sich “endgültig an diese Entscheidung zu halten” (Apostolisches Schreiben Ordinatio sacerdotalis Nr. 4). Papst Franziskus hat sich ähnlich ablehnend geäussert.
Aber die Fronten bröckeln, in vielen Ländern, auch bei vielen Priestern. Selbst römisch-katholische Bischöfe äussern zunehmend öffentlich ihre abweichende Meinung und fordern das Frauenpriestertum. Diese – angesichts drohender Sanktionen – mutigen Reformer sollen hier in loser Folge vorgestellt werden, heute:
Bischof Erwin Kräutler
Der Ordensgeistliche Bischof KräutlerCPPS (*1939 in Vorarlberg/Österreich) hat sein aktives Berufsleben weitgehend in Afrika verbracht. Im flächenmässig grössten brasilianischen Bistum engagierte er sich gesellschaftspolitisch für die Befreiungstheologie. Politisch verfolgt und unter persönlicher Todesgefahr hat er sich für die Rechte der Indigenen und Armen eingesetzt.
Bischof Erwin Kräutler (2. v.l.) bei der Vorstellung des Berichts „Gewalt gegen indigene Menschen in Brasilien“, Brasilia, 30.6.2011.
Weniger bekannt ist, dass er öffentlich für das Frauenpriestertum eintritt. In seinem Artikel Roma locuta, causa finita? (Zeitschrift der deutschen Jesuiten Stimmen der Zeit, März 2022, S.163-169) betont er nachdrücklich die Notwendigkeit der Frauenordination. Die Theologin Ida Raming verweist auf seine Forderung in ihrem BeitragFrauenordination – Eine umstrittene, aber notwendige Reform für die katholische Kirche.
Kräutler kritisiert das Apostolische Schreiben Ordinatio sacerdotalis. „Die These, dass der Priester, weil er in der Person Christi handelt, ein Mann sein müsse … ist schwer zu verstehen und zu halten. Die Evangelien sind in einem patriarchalischen Kulturraum entstanden und niedergeschrieben worden, in dem die Frau eine gegenüber dem Mann unterwürfige Rolle spielte, ja geradezu als ‚unmündig‘ behandelt wurde… Wir leben nun im 21. Jahrhundert und die Frau ist längst als dem Mann gleichberechtigt anerkannt… All die immer wieder kolportierten Argumente, dass nur ein Mann die Priesterweihe gültig empfängt und die Frau vom Weihesakrament ausgeschlossen ist, sind unverständlich und verblassen angesichts der Realität, in der wir als Kirche in Amazonien leben….“ (164f)… Mindestens zwei Drittel der Basisgemeinden dort „werden heute von Frauen geleitet…“ (166).
Eindrucksvoll verweist er auf seine Schwester Ermelinde, die ihre Berufung zur Priesterin öffentlich machte. Ihr Leiden an der geschlechtlichen Diskriminierung durch unsere Kirche hat er persönlich miterlebt. „Immer wieder fragte sie mich“, schreibt Kräutler, warum, um Gottes willen, bin ich von der Priesterweihe ausgeschlossen? Nur weil ich eine Frau bin?. „Nun ist sie tot, aber ihre Frage brennt mir auf dem Herzen…Warum dürfen Frauen nicht geweiht werden? Bis heute fand ich keine Antwort, die mich überzeugen könnte. Und ich weiß, es gibt keine wirklich überzeugende Antwort.“
Der Brief des Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin an die Deutsche Bischofskonferenz vom 25.10.2023 zeigt es wieder einmal: Kaum etwas erscheint der katholischen Kirche so „gefährlich“ wie schon das Sprechen über die Einführung des Frauenpriestertums, also die Abschaffung von Frauendiskriminierung und Menschenrechtsverletzungen innerhalb der katholischen Kirche.
Die Deutschen Bischöfe sind erfreulicherweise weiter, wie Diskussion und Beschlusslage beim Synodalen Weg in Deutschland zeigen. Schliesslich haben sie nach langer Diskusssion am 9.9.2022 mit einer 82%-Mehrheit dafür gestimmt, dass die diesseits der Alpen kaum „angenommene und verstandene“ Ablehnung des Frauenpriestertums in Rom überprüft wird.
Bei der Verleihung des Edith-Stein-Preises 2023 an Schwester Philippa Rath enthüllte die Erfurter Theologieprofessorin Julia Knop in ihrer Laudatio jetzt jedoch, wie schwer sie sich dabei getan haben:
„Die autoritative Tabuisierung des Themas war so nachhaltig, dass die Bischöfe bei der vierten Vollversammlung des Synodalen Wegs ihre Zustimmung zum Grundtext des Frauenforums daran banden, dass im Einleitungsteil ein neuer Absatz eingefügt werde: ,Ob die Lehre von Ordinatio Sacerdotalis die Kirche unfehlbar bindet oder nicht, muss … verbindlich auf dieser Ebene [gemeint ist: der Ebene der höchsten Autorität in der Kirche (Papst und Bischöfe)] geprüft und geklärt werden.‘ Dieser Satz weicht zwar völlig von der Programmatik des Textes ab, ,Geschlechtergerechtigkeit als Grundlage aller künftigen Handlungsweisen in der römisch-katholischen Kirche einzufordern’, die über 123 Absätze lucide entfaltet wird. Aber er ist systemgerecht und deshalb aufschlussreich. Er reduziert den theologischen Diskurs über Menschenwürde und Frauenrechte in der Kirche auf einen lehrrechtlichen Diskurs über die Fallstricke dogmatischer Eigenlogik.“
Es bleibt also weiterhin wichtig, dafür zu kämpfen, das römische Rede-Tabu zu brechen (siehe z.B.: Offener Brief an den Papst). Gerade die päpstliche Mahnung vom 10.11.2023 an die Deutschen, nicht „immer die gleichen Themen zu erörtern„, sollte Ansporn sein, genau dies zu tun. Weil es offensichtlich „gefährlich“ für die päpstliche Diskriminierung ist. „Wir lassen uns nicht aufhalten”, sagt auch die neue Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB), Anja Karliczek, zum Parolin-Brief aus Rom.
Ungehorsam ist eben manchmal die erste Christenpflicht. Oder wie sagt die Bibel: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5, 29).